Ausschnitt aus EIN QUANTUM BOND 2 (Buch; 2020): Kapitel "James Bond 007 - Moonraker"

 

James Bond 007 – Moonraker (1979)

 (Originaltitel: Moonraker; Regie: Lewis Gilbert)

 

 

 James Bond...Sie tauchen mit der ermüdenden Regelmäßigkeit einer ungeliebten Jahreszeit auf!

 

 (Aussage des Moonraker-Bösewichts „Hugo Drax“, gespielt von Michael Lonsdale, gerichtet an „James Bond 007“ Roger Moore; allen „Bond-Kritikern“ zum Trotz: Das „regelmäßige Auftauchen“ von 007 zahlt sich aus: Die mittlerweile 24 Filme umfassende Serie hat bis zum heutigen Tag einen „total worldwide gross“ von ungefähr $14,702,290,410 (!) – Quelle: Die „James Bond Box Office Totals“ auf der 007james.com-Website)

 

 

 JAMES BOND will return in FOR YOUR EYES ONLY

 

 (Ankündigung am Ende von Der Spion, der mich liebte von 1977; aufgrund des „Science Fiction-Booms“, den Filme wie Steven Spielberg’s Unheimliche Begegnung der dritten Art und vor allem natürlich George Lucas‘ Star Wars ausgelöst hatten, schickte man Bond 1979 lieber ins All und realisierte For Your Eyes Only, dt. Titel: In tödlicher Mission, erst 1981)

 

 

 Just like the Moonraker goes in search of his dream of gold

 I search for love, for someone to have and hold

 

 I’ve seen your smile in a thousand dreams

Felt your touch and it always seems

 You love me

You love me

 

 (Ausschnitt aus dem Titelsong Moonraker, gesungen von James Bond-Titelsong-Legende Shirley Bassey, für die es bekanntlich, nach Goldfinger von 1964 und Diamonds Are Forever von 1971, der dritte Bond-Titelsong war - die Musik dazu stammt von John Barry, der Text von Hal David; die Produzenten sowie Barry hatten zunächst bei Frank Sinatra wegen eines "Moonraker-theme-Songs" angefragt, dieser jedoch lehnte ab; schließlich wurde der US-Sänger Johnny Mathis engagiert, der aber angeblich mit dem ihm vorgelegten Song unzufrieden war und das Projekt sofort wieder verließ; bevor Bassey kurzfristig einsprang, holten sich die Moonraker-Macher noch eine Abfuhr von der britischen Sängerin Kate Bush, die ihre Großbritannien-Tour nicht unterbrechen wollte; die „Last Minute-Solution“ Bassey sah den Song allerdings nie als den ihren an und promotete ihn auch nicht, was stets als Erklärung für die schwache Chart-Platzierung des Werks, das lediglich den Rang 159 der US-Charts erreichte, herangezogen wird; erst 2005 performte Shirley Bassey den tendenziell eher unterbewerteten Song Moonraker, der aber ein absoluter James Bond-Titelsong-Geheimtipp ist, im Rahmen eines „Bond-Medleys“ live auf der Bühne – zusammen mit Goldfinger und Diamonds Are Forever; Moonraker, eine Instrumentalversion des Songs wurde 2007 auch für Touristenwerbung in der Dominikanischen Republik verwendet, untermalt eine der teuersten Titelsequenzen der Bond-Geschichte, die, laut Aussage von Albert R. Broccoli, mehr als der gesamte Dr. No-Film von 1962 gekostet haben soll und wiederum von Maurice Binder gestaltet wurde - darin schweben Silhouetten von Frauen scheinbar „schwerelos“ über die Leinwand vor dem wiederkehrenden Bild des Mondes, ein Effekt, der mittels Trampolin erzielt wurde; John Barry’s Score zu dem gesamten Film markierte auch eine auffällige Hinwendung Barrys zu „slow, rich string passages“, eine Tendenz, die er auch in seinen Nicht-James Bond-Filmmusiken, wie in der zu Sydney Pollack’s 1985er-Meisterwerk Jenseits von Afrika, weiterführte; das erste Mal seit Diamantenfieber von 1971 kommt im 79er-Film auch das von Barry seinerzeit für Liebesgrüße aus Moskau komponierte „007 Theme“ wieder zum Einsatz – das erste und einzige Mal in der Roger Moore-Ära und, darüber hinaus, auch das letzte Mal bis zum heutigen Tag!)

 

 

 MONEYPENNY

 James! Warum kommen Sie so spät?

 

 

 JAMES BOND

 Ich bin aus einem Flugzeug gefallen. Ohne Fallschirm.

 

 (aus: Moonraker; Dialog zwischen „Moneypenny“ Lois Maxwell und „James Bond“ Roger Moore kurz vor der üblichen „Auftrags-Verkündung“ im Büro von „M“; Bond spielt auf die Tatsache an, dass er zuvor vom „Beißer“ tatsächlich aus einem Flugzeug gestoßen wurde und er in der Luft dem ebenfalls abgesprungenen Piloten der Maschine, der zum „Beißer“ gehörte, einen Fallschirm sozusagen erst abjagen musste)

 

 M

 Aber 007!

 

 (aus: Moonraker; die letzten Worte, in der Originalfassung lauten sie lediglich: „007!“, die der legendäre „M“-Darsteller Bernard Lee an „007“ Roger Moore innerhalb der Film-Serie richtet – sie beziehen sich darauf, dass Bond sich in einem Space Shuttle offenbar gerade sexuell mit der CIA-Agentin Dr. Holly Goodhead vergnügt, was auf der Erde per Videokonferenz sichtbar ist; Lee, der die „M“-Rolle ununterbrochen seit dem Bond-Debüt Dr. No spielte, verstarb nach schwerer Krankheit 1981 kurz vor Drehbeginn zu In tödlicher Mission; Sean Connery einmal über Bernard Lee: „Er hatte ein wettergegerbtes Äußeres und ein weiches Herz. Er war ein feiner Schauspieler und Gentleman, ein bisschen so wie der mürrische M, den er spielte.“)

 

 

 Q

 I think he’s attempting re-entry, sir.

 

 (aus: Moonraker; „Q“ Desmond Llewelyn spricht, angesichts des Umstands eben, dass sich Bond und Goodhead in einem Space Shuttle im Orbit sexuell vergnügen, einen Satz – zu „M“ Bernard Lee, den der Filmkritiker Christopher Null 2005 auf Filmcritic.com als „the best double entendre ever“, als beste Doppeldeutigkeit der Bond-Geschichte, bezeichnet hat; in der deutschen Synchro sagt Llewelyn: „Ich hab das Gefühl, er versucht wieder einzutauchen, Sir.“)

 

 

 HOLLY GOODHEAD

 Nimm mich noch einmal mit um die Welt, James!

 

 (aus: Moonraker; „Holly Goodhead“ Lois Chiles zu „James Bond“ Roger Moore - kurz vor Beginn des Abspanns, der dann mit einer Art „Disco-Version“ von Shirley Bassey’s Titelsong Moonraker unterlegt ist; die beiden befinden sich, wie alle Vorgesetzten mitbekommen haben, im Orbit und vergnügen sich gleichsam in der Schwerelosigkeit des Space Shuttles, mit dem sie zuvor die Welt gerettet haben; in der Originalfassung sagt Lois Chiles: „James...Take me round the world one more time!“)

  

I think you owe us an explanation, 007!“ – Dieser Satz aus dem 11. James Bond-Film Moonraker, gesprochen von „M“ Bernard Lee, in der deutschen Synchro mit „Sie müssen aber sehr schlecht geträumt haben, 007“ übersetzt, könnte treffender nicht sein, denn der vielleicht „absurdeste aller Bond-Filme“ (Copyright: Christopher Null auf Filmcritic.com) spiegelt, wie eben tatsächlich kein zweiter Bond-Film, die Tendenz der Serie wider, 007 alle paar Jahre zu einer Art „technisch hoch gerüsteten Comic-Figur“ zu machen, und das ist gleichzeitig auch der Vorwurf, von dem übrigens auch der finale Brosnan-Bond Stirb an einem anderen Tag seit seinem Erscheinen 2002 hartnäckig verfolgt wird.

Dabei hatte Moonraker, zweifellos eines der größten Spektakel der Bond-Geschichte, das auf den, wie weiter oben bereits erwähnt, durch Star Wars und Unheimliche Begegnung der dritten Art ausgelösten Sci-Fi-Boom der späten 70er-Jahre aufgesprungen war, zur Zeit seines Erscheinens sogar überwiegend positive Kritiken. Während man Pierce Brosnan für seine, im Übrigen solide, Leistung in Stirb an einem anderen Tag sofort abgestraft hatte, waren einige Kritiker, so wie Vincent Canby von der New York Times, damals sogar der Meinung, dass selbst Roger Moore in Moonraker in „Topform“ sei. Jay Scott von der kanadischen Tageszeitung The Globe and Mail hielt den 79er-Bond-Film gar für den zweitbesten nach Goldfinger und bezeichnete den Set-Designer Ken Adam in seinem Artikel „MOONRAKER: 007 in space as good as ever“ als „high-tech Piranesi“ (Anmerkung: Scott bezog sich auf den berühmten italienischen Architekten und Architekturtheoretiker Giovanni Battista Piranesi, 1720-1778). Dem US-Nachrichtenmagazin Time, genauer: Frank Rich, erschien der vierte Moore-Bond „unwiderstehlich unterhaltsam“.

Lediglich in der damaligen BRD war der Blick auf Regisseur Lewis Gilbert’s dritten und letzten Bond-Film ein gewohnt kritischer: Wolfgang Limmer vom Spiegel sprach im Zusammenhang mit Moonraker von einer „gewitzten Selbstpersiflage“, bescheinigte Roger Moore den „Sex-Appeal eines Edeka-Filialleiters“ zu haben und outete Ken Adam als den „wahren Meister des Films“.

Die zeitgenössische Kritik war dennoch insgesamt milde mit Moonraker, in späteren Bewertungen setzte sich aber zunehmend die Meinung durch, dass der Film, wenn er nicht sogar als der „schlechteste Bond-Film“ bezeichnet wurde, zumindest ein „unterdurchschnittlicher Beitrag“ zur Serie wäre.

Wahrscheinlich liegt die „Bond-Film-Wahrheit“, was Moonraker betrifft, irgendwo auf „halbem Weg“ zwischen den Meinungen von James Monaco und Raymond Benson, denn der bedeutende Filmwissenschaftler Monaco, Autor des Standardwerks Film verstehen (1977; OT: How to Read a Film), bezeichnete den Film als „kleines Meisterwerk“, während Benson in seinem The James Bond Bedside Companion meinte, Moonraker wäre zumindest der „künstlerisch am wenigsten erfolgreichste Film der Serie“.

 

Der Inhalt von Moonraker:

Der Space Shuttle „Moonraker“ wird vom Rücken einer Boeing 747 entführt, die diesen transportieren sollte. Die Boeing wird dabei zerstört [Anmerkung: Erst viel später im Film löst Haupt-Bösewicht Drax das Rätsel um die zu Beginn gezeigte „Moonraker“-Entführung und meint gegenüber Bond, dass er die von ihm produzierte Raumfähre doch nicht einem „Kunden“ übergeben wollte, sondern diese einfach wieder für seine eigenen Pläne benötigt hat].

Im weiteren Verlauf der Vortitel-Sequenz liefert sich James Bond 007 eine Art Luftkampf mit dem „Beißer“, der Bond, und das ohne Fallschirm, aus einem Privatflugzeug geworfen hat, in dem sich Bond gerade mit der Stewardess vergnügt hatte. Der Agent rast zur Erde, kann aber dem Piloten des Flugzeuges, der auch zum „Beißer“ gehört und selbst zuvor mit einem Fallschirm abgesprungen ist, den Fallschirm in der Luft abnehmen. Es gelingt ihm dann auch, den „Beißer“ loszuwerden – dieser stellt sich in der Folge ungeschickt an, verliert seinen Fallschirm und knallt auf das Dach eines Zirkus [Anmerkung: Die spektakuläre „skydiving sequence“ wurde von Don Calvedt koordiniert und von dem späteren fünfmaligen Bond-Regisseur John Glen als Second-Unit-Director betreut; die Sequenz wurde beim Lake Berryessa in Nord-Kalifornien gefilmt und benötigte insgesamt 88 „skydives“, um sie zu vollenden; Jake Lombard agierte dabei als „007“ und Ron Luginbill als „Beißer“; die gezeigten Großaufnahmen von Roger Moore und Richard Kiel wurden natürlich im Studio gedreht].

In London erhält 007 von „M“ den Auftrag, den Grund für die Space Shuttle-Entführung herauszufinden. Die Mission führt Bond nach Kalifornien, wo er auf dem Gelände des Shuttle-Herstellers „Drax Industries“ auf den Industriellen Hugo Drax trifft [Anmerkung: Die Außenaufnahmen der „Drax mansion“ wurden beim Chȃteau de Vaux-le-Vicomte 55 Kilometer außerhalb von Paris gemacht – die Innenaufnahmen jedoch stammen vom Chȃteau de Guermantes, einem barocken Bau, der 1984 auch schon von Milos Forman für Amadeus und 1988 von Stephen Frears für Gefährliche Liebschaften verwendet wurde]. Nach einer kurzen Unterredung mit Drax, die von ein paar oberflächlichen Höflichkeiten geprägt ist [Drax zu Bond: „Darf ich Sie vielleicht zu einem Gurkensandwich überreden?“], schickt Drax 007 zu Dr. Holly Goodhead, einer NASA-Wissenschaftlerin, die dem Agenten die Space Shuttle-Produktion sowie das interne Ausbildungsprogramm für Astronauten erläutern soll. In einem Schwerkraftsimulator [auch: Humanzentrifuge] entgeht Bond, dank seines Armbandes, das er von der "Q-Abteilung" erhalten hat und mit dem er einen Pfeil in die Elektronik der Zentrifuge schießt, einem Mordanschlag durch Drax’s Leibwächter Chang, der die Beschleunigung der Zentrifuge in einen für Menschen tödlichen Bereich gebracht hat [Anmerkung: Die von „Dr. Goodhead“ Lois Chiles gegenüber „007“ Roger Moore erwähnte „Obergrenze für Normalsterbliche“ einer maximalen Beschleunigung von 3g, das entspricht der 3-fachen Erdbeschleunigung, ist sogar realistisch]. Am Abend bandelt Bond mit Corinne Dufour an, einer von Drax’s Helikopterpilotinnen, und findet in Drax’s Büro Hinweise auf eine Glasmanufaktur in Venedig. Die beiden werden in den Gängen der Drax-Villa von Chang beobachtet, wie sie das Büro verlassen. Tags darauf entgeht 007 einem weiteren Anschlag auf sein Leben und er erschießt einen von Drax's Killern mit einer Jagdflinte, die gerade bei der Fasanenjagd verwendet wird. Nachdem Bond das Gelände verlassen hat, hetzt Drax seine Hunde auf Dufour, der er „Verrat“ vorwirft.

In Venedig trifft Bond Dr. Goodhead wieder, die angeblich einen Vortrag bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) halten soll – sie weist Bond’s Annäherungsversuche zurück. Während 007 mit einer Gondel durch die Kanäle fährt, wird er plötzlich attackiert und eine wilde Verfolgungsjagd entsteht, an deren Ende der Agent seine Gondel in ein Luftkissenfahrzeug verwandelt und über den Markusplatz manövriert.

In der Nacht dringt Bond in die Glasmanufaktur ein und findet dort ein geheimes Laboratorium [Anmerkung: Den Glashersteller „Venini“ gibt es tatsächlich und die Filiale am Markusplatz existiert noch heute]. Bond beobachtet zwei Mitarbeiter des Laboratoriums, die Behälter mit Phiolen bestücken – in den Glasgefäßen befindet sich eine Flüssigkeit. 007 entwendet eine der Phiolen und zieht sich wieder zurück, eine andere Phiole jedoch zerbricht, als die Männer wieder zurückkehren, und Gas entströmt. Das Labor schließt sich und Bond beobachtet von außen, wie die beiden Männer durch das Gas sterben, die Laborratten im Raum bleiben jedoch am Leben. Bond entdeckt, dass die Behälter anscheinend nach Rio de Janeiro gebracht werden sollen. Kurz darauf wird er von Chang attackiert und er liefert sich mit ihm einen Kampf in der Glasmanufaktur [Anmerkung: Der „Venetian glass museum fight“ zwischen „James Bond“ Roger Moore und „Chang“ Toshiro Suga wurde in einer französischen Luftwaffen-Fabrik gedreht, die während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg in Gebrauch war], der damit endet, dass Bond Chang aus dem Glockenturm [gemeint ist der freistehende Glockenturm der Kirche San Marco – der so genannte „Markusturm“] in die Tiefe stößt. Danach stattet 007 Goodhead einen Besuch in ihrem Hotelzimmer ab und findet heraus, dass sie in Wahrheit CIA-Agentin ist und ebenfalls das Verschwinden des „Moonrakers“ untersucht.

Am nächsten Tag taucht Bond mit „M“ und dem britischen Verteidigungsminister Sir Frederick Gray (Geoffrey Keen) in der Glasmanufaktur auf, um seinen beiden Vorgesetzten das Labor zu zeigen. Dieses ist aber offenbar über Nacht abgebaut und durch Büroräumlichkeiten ersetzt worden und ein sich überrascht gebender Drax, der die drei schon zu erwarten scheint, zeigt sich amüsiert über die Tatsache, dass Bond und dessen Begleiter zum Schutz Gasmasken tragen [Drax zu Bond, „M“ und Gray: „Sie müssen mir verzeihen, Gentlemen. Ich bin kein Engländer und es fällt mir manchmal schwer, Ihrem etwas eigenartigen Sinn für Humor zu folgen“]. Als Konsequenz für die Blamage wird Bond von Gray von dem Fall abgezogen, „M“ schickt 007 aber inoffiziell nach Rio de Janeiro, weil Bond ihm, um seine Geschichte zu untermauern, die Phiole übergibt, die er aus dem Labor entwendet hat.

Inmitten der Karnevalsfeierlichkeiten von Rio [Anmerkung: Die in Moonraker verwendeten Aufnahmen vom Karnevalsumzug stammten bereits aus dem Frühjahr 1978, wo Location-Scouts der Eon Productions Ltd. das Material gedreht hatten] werden Bond und seine Begleiterin Manuela, seine MI6-Kontaktperson in Rio, vom „Beißer“ attackiert, den Drax als neuen Leibwächter engagiert hat. Bond und Manuela können jedoch, dank des Karnevaltrubels, entkommen. Auf einer Aussichtsplattform des Zuckerhuts entdecken Bond und Holly Goodhead, die er dort zufällig trifft, dass Drax offenbar seine Lagerhäuser leerräumen lässt und dass Fracht-Maschinen der Drax Corporation vom Flugfeld abheben. Auf der Rückfahrt werden die beiden Agenten in ihrer Seilbahn vom „Beißer“ attackiert und ein Kampf zwischen dem „Beißer“, 007 und Goodhead entsteht [Anmerkung: Das Stahlseil einer Gondel, das der „Beißer“ im Rahmen einer Szene beim Zuckerhut durchbeißt, wurde in Wahrheit aus dem Extrakt der so genannten „Lakritze-Pflanze“ herstellt, dem Echten Süßholz, der Glycyrrhiza glabra]. Bond wirft dann eine Kette über das Stahlseil der Seilbahn und rast damit samt Goodhead in Richtung Talstation. Während die beiden erfolgreich kurz vor der Talstation abspringen können und im Gras landen, kracht der „Beißer“ mit der Seilbahn in dieselbe, trifft aber in den Trümmern eine blonde junge Frau, in die er sich sofort verliebt. Goodhead und Bond werden kurz darauf von Drax-Handlangern entführt, 007 kann aber, im Gegensatz zu Goodhead, wieder entkommen.

Bond erfährt von „Q“ in einer MI6-Außenstelle in Brasilien, dass die Phiole, die der Agent „M“ in Venedig übergeben hat, ein Pflanzenextrakt enthielt, das nur Menschen tötet, für Tiere oder Pflanzen aber völlig ungefährlich ist. 007 erhält daraufhin von „M“ den Auftrag, sich im unteren Amazonasgebiet, wo die Pflanze herstammt, umzusehen.

Mit einem, auch waffentechnisch, hoch gerüsteten Schnellboot aus der „Q-Abteilung“ fährt Bond dann durch ein Flussgebiet, wird aber angegriffen. Die Verfolgungsjagd, die Bond sich mit diversen anderen Booten, in einem davon sitzt auch der „Beißer“, liefert, endet damit, dass 007 mit einem Hängegleiter das Boot verlässt, das kurz darauf einen Wasserfall hinunterstürzt [Anmerkung: Die Wasserfall-Szenen wurden bei den Iguazu Wasserfällen im Süden von Brasilien, an der Grenze zu Argentinien, gedreht]. Schließlich findet der Agent im Regenwald das Hauptquartier von Drax [Anmerkung: Die Außenaufnahmen des „Drax pyramid headquarters“ entstanden nicht in Brasilien, sondern in den Tikal-Ruinen in GuatemalaTikal ist eine antike Stadt der Maya]. Bond wird gefangengenommen, kann sich und Goodhead, die Drax dort ebenfalls festhält, aber befreien. Drax lässt seine „Moonraker“-Space Shuttlen starten - in den letzten Shuttle gelangen, als Piloten verkleidet, auch Bond und Goodhead. Alle Raumfähren steuern schließlich auf Drax’s geheime Raumstation im All zu [Anmerkung: Um den Abgasstrahl zu erzeugen, den die Raumfähren sozusagen hinterlassen, wurde einfaches Salz verwendet]. Dort angekommen erörtert Drax seinen Plan: Er will, mithilfe des in Venedig abgefüllten Gift-Gases, die Menschheit ausrotten und anschließend mit dem Personal der Raumstation, das ausschließlich aus, aus der Sicht von Drax, körperlich und geistig makellosen Menschen besteht, auf der Erde eine neue Zivilisation errichten – mit ihm selbst an der Spitze derselben. Drei Giftgasbehälter, auch „Todesgloben“ genannt, werden von Drax in Richtung Erde ausgesendet – weitere sollen folgen. Bond gelingt es zusammen mit Goodhead das Anti-Radar-Kontrollsystem der Raumstation außer Gefecht zu setzen [Anmerkung: Im „Anti-Radar-Kontrollraum“ der Raumstation wurden von den Moonraker-Machern Requisiten und Kulissen der britischen Fernsehserie Mondbasis Alpha 1, die von 1975 bis 1977 produziert wurde, wiederverwendet], was dazu führt, dass Drax’s Raumstation auf der Erde geortet wird. Mit dem Einverständnis von KGB-Chef General Gogol (Walter Gotell) entsenden die Amerikaner eine Raumfähre mit Soldaten an Bord ins All.

Es entsteht ein wilder und mit Laserkanonen geführter Weltraum-Fight zwischen den Leuten von Drax und den US-Soldaten. Der „Beißer“ schlägt sich im Rahmen der Kampfhandlungen auf die Seite von Bond, da ihm der Agent klarmacht, dass Drax’s Konzept vom „makellosen Menschen“ irgendwann das Todesurteil für ihn und seine Freundin Dolly, die ebenfalls mit ins All gekommen ist, bedeuten würde. Es kommt zum Showdown zwischen Bond und Drax – Bond schießt diesem einen Pfeil aus seinem Armband ins Herz [Bond unmittelbar danach zu Drax: „Das Herz bricht mir, Mr. Drax“/im Original: „Heartbroken, Mr. Drax“] und befördert ihn durch eine Tür in den Weltraum. Die Raumstation beginnt auseinanderzubrechen, die US-Soldaten ziehen sich zurück. Bond und Goodhead können, unter Mithilfe  des „Beißers“, mit dem letzten intakten Space Shuttle die Raumstation verlassen und nehmen die Verfolgung der drei bereits gestarteten „Todesgloben“ auf. Der „Beißer“ und seine Freundin rasen wenig später mit einem Teil der Raumstation in Richtung Erde und werden dort, wie Bond und Goodhead im Space Shuttle über Funk erfahren, gerettet. Den beiden Agenten gelingt es, die drei „Todesgloben“ im letzten Moment abzuschießen und so die Erde vor dem Giftgas-Anschlag zu retten.

Am Ende unterbricht Bond noch eine Videokonferenz mit seinen Vorgesetzten, weil er weiter mit Holly Goodhead Sex in der Schwerelosigkeit der Raumfähre haben will.

 

 

War, wie im ersten Teil von Ein Quantum Bond näher ausgeführt, im Zusammenhang mit Man lebt nur zweimal seinerzeit, also 1967, schon von „Bond-Megalomanie“ die Rede, so trifft der Ausdruck wohl doppelt auf Moonraker zu, der ja ebenfalls von dem Man lebt nur zweimal- und Der Spion, der mich liebte-Regisseur Lewis Gilbert inszeniert wurde.

34 Millionen US-Dollar – das betrugen die Produktionskosten des Werks, die also mehr als doppelt so hoch waren wie noch bei Der Spion, der mich liebte zwei Jahre zuvor, und in gewisser Weise ist jeder Dollar davon auf der Leinwand auch sichtbar geworden.

Dabei entstand die erste britisch-französische Co-Produktion der James Bond-Geschichte, aus steuerlichen Gründen und eben folglich aus Kostengründen, zum Großteil in Frankreich, wo man die großen Filmstudios in Epinay und Boulogne-Billancourt nutzte. So wurden in dem Studio in Epinay die Kulissen für Drax’s Raumstation errichtet, was 500.000$ und 8 Wochen Arbeitszeit verschlungen hatte. Der Kommandosatellit der Raumstation allein hatte einen Durchmesser von 33 Metern, bestand aus 100 Tonnen Metall und wurde durch zwei Tonnen Nägel zusammengehalten. Für die im Film gegen Ende gezeigten Explosionen, die Raumstation von Drax beginnt ja auseinanderzubrechen, wurde Sprengstoff im Wert von 20.000$ verwendet. In Großbritannien hatte man für einen James Bond-Film der Superlative, der Moonraker nun mal werden sollte, die „007 Stage“ in den Pinewood Studios um 60.000$ mit schwarzem Samt ausgekleidet, schlicht und einfach, um den „Weltraum“ darzustellen. Ein Weltrekord wurde auch bei dem eindeutig an Star Wars orientierten „Laser-Battle“ aufgestellt, der zwischen den ins All geschickten US-Soldaten und den Drax-Handlangern bei der Raumstation stattfindet, denn dabei war die größte Anzahl an „Zero Gravity“-Drähten zu finden, die je in einer Film-Szene Verwendung gefunden haben – schließlich musste der Eindruck erweckt werden, dass sich die „Soldaten“ beider Seiten in ihren Schutzanzügen und mit ihren Laserwaffen relativ frei im Weltraum bewegen.

 

Moonraker war sozusagen der letzte James Bond-Roman, der für eine Leinwand-Adaption herangezogen wurde. Dabei sollte Ian Fleming’s Werk, Moonraker war dessen, 1955 erschienener, dritter Bond-Roman, der übrigens auf einem von Fleming selbst verfassten Drehbuch basierte, bereits kurz nach seinem Erscheinen verfilmt werden (Anmerkung: Der US-Schauspieler John Payne besaß in den 50ern einige Jahre hindurch sogar die Rechte am Moonraker-Stoff, konnte aber nie eine Verfilmung auf die Beine stellen). 1979, als es dann tatsächlich zu einer Moonraker-Umsetzung kam, wurde von der Handlung des Fleming-Romans wiederum so gut wie nichts übernommen. Abgesehen von Bond und dessen „MI6-Associates“ natürlich, schaffte es lediglich der „chief villain“ Hugo Drax in die Verfilmung, wenngleich die Figur mit einem völlig neuen Hintergrund versehen wurde, denn bei Ian Fleming war Drax noch eindeutig als „Nazi“ klassifiziert, der sich eben das Comeback einer „master race“, einer „Herren-Rasse“, wünscht (Anmerkung: Ausgerechnet in dem Brosnan-Bond Stirb an einem anderen Tag von 2002 fanden dann mehr Ideen aus Fleming‘s Moonraker-Roman Eingang als in dessen offizieller „Adaption“ von 1979!).

Im Grunde wollte Tom Mankiewicz keine namentliche Verbindung mit der James Bond-Reihe mehr haben, da er mittlerweile an einer Regie-Karriere arbeitete, die dann bekanntlich 1987 in der gelungenen Tom Hanks-Dan Aykroyd-Komödie Schlappe Bullen beißen nicht (Dragnet) gipfelte. Trotzdem konnte ihn Broccoli zunächst noch einmal überreden, mit dem Regisseur Lewis Gilbert zumindest eine Handlung für Moonraker zu entwickeln. Mankiewicz schrieb schließlich sogar eine „short outline“, gleichsam einen „Kurz-Abriss“, des Drehbuchs und Teile davon wurden dann zwar nicht in Moonraker, dafür aber 1983 in Octopussy (innerhalb der „Acrostar jet-opening sequence“) und 1985 in Im Angesicht des Todes (innerhalb der „Eiffel tower-sequence“ mit Grace Jones) verwendet.

Der Der Spion, der mich liebte-Autor Christopher Wood, welcher, wie im Kapitel über den 77er-Film schon erwähnt, gleichsam auch „Romane zum Film“ für die Bond-Serie verfasste, war dann derjenige, der für die Schlussversion des Moonraker-Drehbuchs verantwortlich war und Wood wird in der, äußerst kostspieligen, Titelsequenz des Films auch als einziger Autor angeführt.

 

Besonders augenfällig im Bond-Film von 79 sind die diversen Anspielungen auf Science Fiction- und auch Western-Klassiker, die Eingang in den Film gefunden haben.

So stammt die 5-Ton-Sequenz, die erklingt, wenn man bei der Tür des geheimen Laboratoriums bei der Glasmanufaktur in Venedig den korrekten Code eingibt, aus Steven Spielberg’s Unheimliche Begegnung der dritten Art (1977; Close Encounters of the Third Kind). Diese „five-note-melody“ dient in dem Spielberg-Film der Kontaktaufnahme einer außerirdischen Rasse zur Menschheit und diese wird den Außerirdischen dort auch, was ein absolut denkwürdiger Moment innerhalb von Unheimliche Begegnung der dritten Art ist, von dem berühmten französischen Filmregisseur Franҫois Truffaut vorgespielt, der den Sprachwissenschaftler „Claude Lacombe“ spielt, welcher schließlich die Bedeutung des „Ton-Codes“ erkennt und ihn den Außerirdischen sozusagen auch als „Antwort“ zukommen lässt. Für die Erlaubnis, die Broccoli von Spielberg in Bezug auf die besagte 5-Ton-Sequenz erhalten hat, hat sich dieser revanchiert und Spielberg durfte 1985 in dem von ihm produzierten Kinder-Abenteuerfilm Die Goonies (The Goonies; Regie: Richard Donner) Monty Norman’s James Bond Theme verwenden.

Aber die Anspielung auf Unheimliche Begegnung der dritten Art ist nicht die einzige, die in Moonraker zu finden ist.

Der „Computersound“, der in der legendären Zentrifugen-Szene kurz zu hören ist, stammt aus Ridley Scott’s Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, was besonders „pikant“ ist, weil der Moonraker-Special Effects-Designer Derek Meddings für einen Oscar nominiert wurde, sich aber bei der Verleihung 1980 dem Team um H. R. Giger geschlagen geben musste, das die Best Visual Effects-Auszeichnung letztendlich für den ersten Teil der Alien-Reihe erhielt.

In der Szene, in der Bond Drax bei der Fasanenjagd besucht, bläst ein Drax-Mitarbeiter in ein Jagdhorn und es erklingen tatsächlich die ersten drei Töne aus Richard Strauss’ symphonischer Dichtung Also sprach Zarathustra (literarische Vorlage: Friedrich Nietzsche), die bekanntlich eines der zentralen musikalischen Elemente in Stanley Kubrick’s Jahrhundertfilm 2001: Odyssee im Weltraum (1968; 2001: A Space Odyssey) ist.

Der Kampf bei Drax’s Raumstation ist, durch die Art, wie er in Szene gesetzt wurde, mit den wild in alle Richtungen schießenden Laserstahlen, eine eindeutige Hommage an George Lucas‘ Star Wars: Episode IV - Eine neue Hoffnung (1977; Star Wars: Episode IV - A New Hope).

Ein besonderes Highlight ist aber auch die Verwendung von Elmer Bernstein’s unvergesslicher Filmmusik zu The Magnificent Seven (1960; dt. Titel: Die glorreichen Sieben) – das musikalische Hauptthema zu dem Western-Klassikern mit Yul Brynner und Steve McQueen erklingt nämlich, als Bond, als Gaucho verkleidet, also gleichsam als „berittener Viehhüter der südamerikanischen Pampas“, zusammen mit zwei anderen Männern zu der MI6-Außenstelle in Brasilien reitet.

 

 

 

JAMES BOND

 Wie Sie schon sagten, so ein hübscher Sport.

 

 (aus: Moonraker; „James Bond“ Roger Moore zu „Hugo Drax“ Michael Lonsdale, nachdem 007 einen Drax-Handlanger mit einer für die Fasanenjagd bestimmten Flinte erschossen hat – der „Sniper“, gespielt von dem französischen Schauspieler und Stuntman Guy Delorme, hatte sich in einem Baum versteckt und sollte den Agenten, im Rahmen eines „Jagdunfalls“, töten)

 

 

 JAMES BOND

 Es ist nur ein kleiner Schritt für Sie. Aber ein großer Schritt für die Menschheit.

 

 (aus: Moonraker; „007“ Roger Moore zu „Drax“ Michael Lonsdale, bevor er ihn durch eine Tür hinaus ins All befördert; die Originalfassung des an das berühmten Neil Armstrong-Mondlandungs-Zitat angelehnten Bond-Satzes lautet: „Take a giant step for mankind!“)

 

 

 „BEISSER“

 Auf uns! Alles Gute!

 

 (aus: Moonraker; Worte des „Beißers“ Richard Kiel zu seiner Freundin „Dolly“, gespielt von Blanche Ravalec; die beiden stoßen gerade miteinander an, während die Raumstation von Drax im Begriff ist auseinanderzubrechen; die Worte von „Jaws“/des „Beißers“, im Original: „Well, here’s to us!“, sind die einzigen, die Richard Kiel bei seinen zwei Bond-Film-Auftritten spricht)

 

Wie schon zuvor bei Der Spion, der mich liebte hatte man bei Moonraker wiederum James Mason (absolutes Filmographie-Highlight: seine Rolle des „Humbert Humbert“ in Stanley Kubrick’s Lolita von 1961; in der Vladimir Nabokov-Verfilmung tummeln sich unter anderem auch die spätere Moneypenny-Darstellerin Lois Maxwell sowie Cec Linder, der dann die „Felix Leiter“-Figur in Goldfinger gespielt hatte) in Betracht gezogen, den Haupt-Bösewicht zu spielen. Andere Namen, die fielen, waren der von Hollywood-Legende Stewart Granger und von Louis Jourdan. Letzterer, Jourdan, bekannt auch als Gegenspieler von „Inspektor Columbo“ Peter Falk in der exzellenten Columbo-Folge Mord á la carte (1978; Murder Under Glass), die sogar von dem späteren Stop Making Sense- und Das Schweigen der Lämmer-Regisseur Jonathan Demme inszeniert wurde, kam dann 1983 doch noch zu Bond-chief villain-Ehren, denn er spielte in Octopussy den afghanischen Prinzen und 007-Antagonisten „Kamal Khan“.

Da Moonraker als „Anglo-French“-Koproduktion entstand, wollten die Produzenten schließlich unbedingt einen französischen Schauspieler in der Rolle des größenwahnsinnigen US-Industriellen „Hugo Drax“, der vom Weltraum aus sämtliches Menschen-Leben auf der Erde mittels seiner mit Giftgas beladenen „Todesgloben“ zerstören will, um mit einer Art neuen „master race“ unter seiner Führung die Erde wieder neu zu bevölkern (Anmerkung: Für die Besetzung der weiblichen Angestellten von Drax, die alle sozusagen „schön“, „intelligent“ und „internationaler Herkunft“ sind, weil sie eben Teil von Drax‘s „master race“-Plan sind, wurde im Vorfeld der Moonraker-Dreharbeiten von französischen Model-Agenturen eine Auswahl von über 250 Frauen getroffen; unter den Frauen, die sich in Drax’s „Moonrakern“ befinden, ist auch Lois Maxwell’s Tochter Melinda Maxwell).

Die Wahl fiel aber eben trotzdem nicht auf Jourdan, der sogar Franzose war, sondern auf Michael Lonsdale, der im Laufe seiner mittlerweile fast 60 Jahre umfassenden Film-Karriere mit einer ganzen Reihe von großen Regisseuren zusammengearbeitet hat, so zum Beispiel mit Orson Welles in dessen Franz Kafka-Verfilmung Der Prozess (1962; Le procés) oder mit Fred Zinnemann in der genialen Frederick Forsyth-Adaption Der Schakal (1973; The Day of the Jackal; Co-Star: Edward Fox - der spätere „M“-Darsteller in Sag niemals nie von 1983). Den Durchbruch schaffte Lonsdale 1968 gleichsam als „drittes Mordopfer“ von Jeanne Moreau in Franҫois Truffaut’s Kriminalfilm Die Braut trug schwarz (La Marieé était en noir).

Man muss den Moonraker-Machern vorwerfen, dass sie Lonsdale’s schauspielerisches Potential ein wenig vergeudet haben, denn „Hugo Drax“, in der Tat so eine Art „amerikanischer Neo-Nazi mit Weltraum-Fetisch und Traum von einer makellosen menschlichen Rasse angeführt von ihm selbst“, ist ein eher schwacher Bond-Bösewicht geworden, der wenig Eindruck hinterlässt. Drax’s Versuche, Bond zu töten, sind zahlreich, wenn nicht sogar „countless“, und tragen zu der Comic-Strip-artigen Wirkung von Moonraker bei (sozusagen bezeichnend in diesem Zusammenhang ist die Drax-Aussage „Mr. Bond. Sie widersetzen sich allen meinen Versuchen, Ihnen einen amüsanten Tod zu bereiten“).

Ein echtes Highlight in den Bond-Drax-Szenen jedoch ist der in den oben stehenden Zitaten bereits näher ausgeführte Moment, in dem „James Bond“ Roger Moore mit einer Flinte den „tree assassin“, oder auch: „tree sniper“, vom Baum schießt und, mit einem wunderbaren Seitenhieb auf die Tatsache, dass Drax gerade bei der Fasanenjagd ist, meint: „As you said, such good sport“.

Mit seinem Auftritt in Moonraker ist der „Beißer“ Richard Kiel gleichsam der erste Gehilfe eines Bond-Haupt-Antagonisten, der in zwei Filmen vorkommt und noch dazu überlebt! Dass „Jaws“, wie er im Original heißt, der „unverwundbare Koloss mit übermenschlicher Körperkraft“, gegen Ende des Films sogar noch zum Bond-Helfer mutiert, ist angeblich der Tatsache zu verdanken, dass Regisseur Lewis Gilbert dem Wunsch von Kindern nachgekommen ist, die nach Der Spion, der mich liebte in diversen Briefen an ihn gemeint haben: „Why can’t Jaws be a goodie, not a baddie?“.

Der Grund, warum der „Beißer“, der in Moonraker eher aus „komödiantischen Gründen“ dabei zu sein scheint, einen Sinneswandel vollzieht und am Ende zum besagten „goodie“ wird, liegt vor allem an seinem neu gefundenen „girlfriend“ Dolly, gespielt von der französischen Schauspielerin Blanche Ravalec (hatte 1978 eine kleinere Rolle in Claude Sautet’s Klassiker Eine einfache Geschichte mit Romy Schneider und Claude Brasseur). Ravalec wollte die ebenfalls Antiheldinnen-artig sowie Comic-artig angelegte Figur der „Dolly“ (blonde Seitenzöpfe & Brille), die den „Beißer“ (zu den Klängen von Tschaikowski’s Fantasie-Ouvertüre Romeo und Julia) bei seinem „Seilbahn-Unfall“ beim Zuckerhut trifft, zunächst gar nicht spielen, weil ihr der beträchtliche Größenunterschied zwischen ihr und Kiel absurd vorkam - Kiel erzählte Ravalec jedoch, dass seine Frau und er denselben Größenunterschied hätten, was diese letztendlich überzeugte.

Im wahren Leben der „aikido instructor“ von Broccoli-Stiefsohn Michael G. Wilson, der ab Moonraker zum Executive Producer der Serie aufgestiegen war und in dem Film gleich zwei seiner üblichen Cameo-Auftritte absolvierte (Wilson ist als Tourist bei der Glasmanufaktur „Venini“ zu sehen sowie auch als Techniker im US-Navy-Kontrollraum), war Toshiro Suga, der „Chang“, den Leibwächter von „Drax“ Michael Lonsdale, spielt, der später durch den „Beißer“ ersetzt wird, weil 007 Chang im Rahmen ihres Kampfes bei „Venini“ irgendwann aus dem Glockenturm der San Marco-Kirche befördert. In dem großartig choreografierten „Venetian glass museum fight“ zwischen „007“ Roger Moore und „Chang“ Toshiro Suga wurde ein weiterer Rekord aufgestellt, denn darin produzierten Moore und Suga während ihres Kampfes die größte Menge an zerbrochenem Zucker-Glas in einer einzigen Filmszene!

 

 

 

 CORINNE DUFOUR

 Sie bilden sich viel ein, Mr. Bond!

 

 (aus: Moonraker; Neben-Bond-Girl „Corinne Dufour“ Corinne Cléry zu „James Bond“ Roger Moore auf dem Anwesen von Drax)

 

 

 JAMES BOND

 Ich habe Freunde in üblen Kreisen.

 

 

  HOLLY GOODHEAD

 Könnte das möglicherweise der Moment sein, uns zusammenzutun?

 

 (aus: Moonraker; Dialog zwischen „007“ Roger Moore und „Holly Goodhead“ Lois Chiles in Goodhead‘s Hotelzimmer in Venedig; in der Originalfassung sagt Moore: „I have friends in low places.“)

 

 

 JAMES BOND

 Wie haut man sich in Rio fünf Stunden um die Ohren, wenn man nicht Samba tanzt?

 

 (aus: Moonraker; 007 zu seiner MI6-Kontaktperson „Manuela“, gespielt von Emily Bolton, in Rio de Janeiro; in der Originalfassung sagt Moore: „How do you kill five hours in Rio if you don’t samba?“)

 

 

Lois Chiles (bekannt auch aus den Robert Redford-Klassikern So wie wir waren von 1973 und Der große Gatsby von 1974 sowie auch aus der Agatha Christie-Verfilmung Tod auf dem Nil von 1978), die das Haupt-Bond-Girl in Moonraker, die CIA-Agentin „Dr. Holly Goodhead“, spielt, war bereits beim Moonraker-Vorgänger-Film Der Spion, der mich liebte in Betracht gezogen worden, die KGB-Agentin „Anya Amasova“ zu spielen, also jene Rolle, in der schließlich Barbara Bach zu sehen war (Anmerkung: Bei Moonraker stach dann Chiles die „Holly Goodhead-Gegenkandidatin“ Jaclyn Smith aus – Smith war Teil des Ensembles der TV-Serie Drei Engel für Charlie, die von 1976-1981 lief).

Die Texanerin Chiles, auch Ex-Lebensgefährtin von Eagles-Frontmann Don Henley, die von 1982 bis 1983 die Rolle der „Holly Harwood“, der Geliebten von „J. R. Ewing“ Larry Hagman, in der Fernsehserie Dallas (1978-1991) spielte und in der von Quentin Tarantino inszenierten legendären CSI: Den Tätern auf der Spur-Doppelfolge Grabesstille (2005; CSI: Crime Scene Investigation – Grave Danger; Chiles spielte darin die Mutter von „Nick Stoke“ George Eads) zu sehen war, galt als das erste Bond-Girl, das James Bondebenbürtigwar.

In der Tat ist Lois Chiles‘ CIA-Agentin „Holly Goodhead“ ein „tough Character“, der niemals naiv oder gar, man denke da nur an „Agentin Mary Goodnight“ in Der Mann mit dem goldenen Colt, „grenzdebil“ rüberkommt, und Goodhead zählt bis zum heutigen Tag definitiv zu den besten Bond-Girls der Serie!

Moonraker, ausgerechnet jener James Bond-Film, der der Comic-artigste und an der Oberfläche vielleicht am wenigsten „seriöseste“ Film der gesamten Serie ist, verfügt über einen der besten James Bond-Bond-Girl-Dialoge der gesamten Roger Moore-Ära. Gemeint ist damit der folgende Dialog, der stattfindet, als sich „007“ Roger Moore und „Holly Goodhead“ Lois Chiles in Rio auf einer Aussichtsplattform wiedertreffen:

 

JAMES BOND

 Haben wir uns nicht irgendwo schon mal gesehen?

 

 HOLLY GOODHEAD

 Das Gesicht kommt mir bekannt vor. Und auch die Masche.

 

 JAMES BOND

 Unsere Beziehung ist etwas unterkühlt seit Venedig.

 

 HOLLY GOODHEAD

 Seit du mich sitzen gelassen hast im Bett.

 

 JAMES BOND

 Und ich beim Weggehen beinah über deine Koffer gestolpert wäre.

 

 (aus: Moonraker)

 

 

Das Neben-Bond-Girl in Moonraker, „Corinne Dufour“, wird von der französischen Schauspielerin Corinne Cléry dargestellt. Dufour ist eine Mitarbeiterin von Drax und wird von Bond verführt, was dieser letztendlich das Leben kostet, denn Drax hetzt, als Vergeltung für ihren „Verrat“ an ihm, nach der Fasanenjagd und nach Dufour’s offizieller Entlassung, seine beiden Hunde auf sie.

Dufour’s Tod, sie läuft in den Wald und wird von den beiden Hunden irgendwann eingeholt und niedergerissen, dann schwenkt die Kamera nach oben und man sieht sozusagen nur mehr die Bäume, ist den Machern erstaunlicherweise zu einem ungewöhnlich seriösen (und irgendwie auch „brutalen“) Moment in einem ansonsten denkbar „unseriösen“ Bond-Film geraten!

Corinne Cléry feierte ihren Durchbruch in ihrer Heimat Frankreich 1975 mit ihrem Film-Debüt Die Geschichte der O (Histoire d‘O; Regie: Just Jaeckin), einem Liebesfilm, der auf dem 1954 erschienenen sadomasochistischen Roman von Anne Cécile Desclos basiert. Cléry spielte darin, an der Seite von Udo Kier, die Titelfigur der Pariser Modefotografin „O“.

Gleichsam wiederum ein Neben-Neben-Bond-Girl verkörpert auch noch die von der Karibikinsel Aruba stammende, größtenteils aber in Großbritannien aufgewachsene, Emily Bolton. Bolton hat in Moonraker, als MI6-Verbindungsfrau in Rio de Janeiro namens „Manuela“, nicht viel Leinwandzeit, diese hat es aber sozusagen in sich, denn kurz nach Bond’s Ankunft in Rio verführt sie der Agent, nachdem sie ihm einen „Vodka Martini, shaken, not stirred“ angeboten hat, in seinem Hotelzimmer und ein paar Stunden danach wird sie beinahe noch Opfer des „Beißers“ am Rande einer Karnevalsparade, was letztendlich nur Bond verhindert, der von seinem kurzen nächtlichen „Einstieg“ bei der zu „Drax Industries“ gehörenden „C&W distribution company“ zurückkommt und den als Clown verkleideten „Beißer“ von ihr ablenkt. Bolton, die zwischen 1975 und 1976 auch in fünf Folgen der Kultserie Mondbasis Alpha 1 (Space: 1999) zu sehen war, hatte ein Jahr vor ihrem Bond-Girl-Auftritt in Moonraker eine Rolle in einer Episode (One Black September; Regie: Leslie Norman) des missglückten 70er-Jahre-The Saint-Aufgusses Simon Templar – Ein Gentleman mit Heiligenschein (1978-1979; Return of the Saint), in dem natürlich nicht mehr Roger Moore, sondern My Big Fat Greek Summer-Star Ian Ogilvy die Hauptrolle spielte.

 

 

 

 Q

 Einen Moment noch, 007! Ich hab da etwas für Sie.

 

 (aus: Moonraker)

 

 Q

 Zehn Pfeile. Fünf blaue mit Panzer-zerstörenden Köpfen. Fünf rote mit Blausäure überzogen, die den Tod in 30 Sekunden verursachen.

 

 JAMES BOND

 Sehr einfallsreich, „Q“. Die müssen zu Weihnachten noch in die Spielwarengeschäfte.

 

 (aus: Moonraker; Dialog zwischen „Q“ Desmond Llewelyn und „007“ Roger Moore bei der Übergabe eines der wichtigsten Gadgets des Films)

 

Bond-Film Nummer 11 bietet, spätestens ab dem Venedig-Teil, wo der Film endgültig etwas abgehoben Comic-Strip-Artiges bekommt, nicht nur rastlose Non-Stop-Action, wie sie später in der Art vielleicht nur noch Steven Spielberg und George Lucas in Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels (2008; Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull; Regie: Steven Spielberg) präsentiert haben, sondern auch eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Gadgets.

Als besonders wichtiger „technischer Helfer“ entpuppt sich das Armband mit versteckter Abschussfunktion für Gift- und Explosivpfeile, mit dem Bond sich nicht nur aus der Zentrifuge bei „Drax Industries“ befreit, sondern später auch Drax selbst gleichsam lahmlegt, bevor er ihn ins Weltall befördert. Die Pfeil-Abschussfunktion des Armbands (ein Seiko SFX003) ist durch Nervenimpulse der Hand auslösbar.

Beim Öffnen von Drax’s Safe auf dessen Anwesen verwendet Bond zunächst ein Safe-Knack-Gerät mit Röntgenfunktion, das sich in einem Zigarettenetui befindet. Die Pläne, die der Agent vorfindet und die ihn in der Folge nach Venedig führen, fotografiert er dann mit einer Mini-Kamera, die aber eine „007-Gravur in der Nähe der Linse hat!

In Venedig benutzt Bond eine so genannte „Bondola“, eine Gondel mit Luftkissenfunktion und Motor, mit der der Agent, was fast schon surreale Qualitäten hat, am Ende einer Verfolgungsjagd noch über den Markusplatz fährt.

Das spektakulärste Gadget in Moonraker ist aber dennoch nicht die „Bondola“, sondern das Speedboot vom Typ Carlson CV23HT, das mit Wasserminen, Torpedos sowie einem Drachengleiter ausgestattet ist. Bond verwendet das Boot (in Wahrheit ein Modell der Bond-Film-affinen Firma Glastron) in Brasilien, bei seiner Suche nach dem Hauptquartier von Drax im Regenwald.

Im Drax-Hauptquartier tötet Bond dann eine riesige Python, die im Begriff ist, ihn im Wasser zu erwürgen, mittels Kugelschreiber mit versteckter Giftspritze.

Um dem für ihn und Goodhead tödlichen Strahl des Space Shuttles zu entgehen, der ansetzt, in Drax’s Amazonas-Hauptquartier zu starten, benutzt Bond wieder einmal seine Armbanduhr (Typ Seiko M354), denn diese enthält auch eine Art Mini-Sprengstoff inklusive Zünder. Mit Hilfe des Sprengstoffs können die beiden Agenten dann aus der Gefahrenzone fliehen.

In Goodhead‘s Hotelzimmer in Venedig bekommt man von Bond und Goodhead, die die Funktion der diversen Gadgets auch gleichsam vorführen, noch folgende „CIA-Standardausrüstung“ präsentiert: Einen Parfumflakon mit Flammenwerfer, ein Notizbuch mit Pfeilschussfunktion und eine Damenhandtasche mit Kommunikationsgerät und ausfahrbarer Antenne.

 

 

Die Weltpremiere von Moonraker fand am 26. Juni 1979, wiederum unter Anwesenheit von Prinz Philip, im „Odeon Leicester Square“ in London statt. Der Film wurde, mit einem weltweiten Einspielergebnis von etwa 210 Millionen US-Dollar, zum erfolgreichsten Film des Jahres 1979 und zum bis dato finanziell erfolgreichsten James Bond-Film - mit einem inflationsbereinigten Einspielergebnis von über 655 Millionen US-Dollar ist Moonraker auch heute noch der immerhin neunt-erfolgreichste Film der Serie.

Was die Platzierungen in diversen Rankings betrifft, so schneidet Moonraker mittlerweile nicht gerade berauschend ab. Entertainment Weekly setzte das von dem Magazin als der „bei weitem kultigste 007-Film“ bezeichnete Werk 2006 auf Platz 14 ihres 21 Bond-Filme umfassenden Wertungs-Polls. Das Rolling Stone-Magazin sah ihn 2012 auf Platz 15 (von 24) der Bond-Film-Hierarchie, das 007-Magazine, ebenfalls 2012, auf Platz 20 (von 24). Den 22. und somit letzten Platz belegte der vierte Bond-Film mit Roger Moore gar in der 2012 veröffentlichten Wertung der James Bond-Fanseite MI6-HQ.com, die übrigens den Daniel Craig-Bond Casino Royale ganz vorne auf Platz 1 sah. Die deutsche Zeitschrift Stern vergab 2012 in ihrem Sonderheft „50 Jahre James Bond“ 3 Sterne, was der Bewertung „solide“ entsprach.

 

Obwohl Moonraker mitunter ein irrwitziges, teilweise fast schon surreales, Bond-Spektakel ist, das die Film-Serie vermeintlich ganz weit weg von früheren Meisterwerken wie Liebesgrüße aus Moskau, Goldfinger oder Im Geheimdienst Ihrer Majestät geführt hat, so kann der Film, der tatsächlich auch etwas extrem Kurzweiliges und Unterhaltsames hat, vielleicht sogar als der letzte wirklich große James Bond-Film mit Roger Moore gelten, bevor dessen Auftritte als „James Bond 007“ begannen, ein wenig den Charme von „Altersrollen“ zu versprühen.

Im März 2004 tauchte im Internet ein „mysterious web article“ über eine „verlorene Version“ von Moonraker auf, die angeblich bereits 1956 unter der Regie von Orson Welles entstanden war. Was wahrscheinlich in der Tat nur eine Form von „fake Bond news“ war, wurde von dem Filmhistoriker Simon Bermuda, dem Verfasser des Artikels, mit relativ detaillierten Angaben versehen – so sprach er zum Beispiel davon, dass eine etwa 40-minütige Rohfassung dieses „vergessenen Bond-Films“ existiere, mit Dirk Bogarde als Bond, Orson Welles als „Sir Hugo Drax“ sowie Peter Lorre als Drax’s Handlanger „Willi Krebs“.

 

 

(Neu überarbeitete Fassung; Ur-Fassung: 21.06.2019)