„Als ich wusste, dass Quentin Tarantino Regie führen wird, war ich begeistert, weil er der John Ford der heutigen Ära ist“
&
„GRIND HOUSE (n): A theater playing back-to-back movies exploiting sex, violence, and other extreme subject matter“
&
„This script is dedicated
to the poet laureate of
The Drive-in
CHARLES B. GRIFFITH
Your work has always
´Rocked All Night` daddy-o“
(Zitat 1: Stuntman-Legende Terry Leonard, der an diversen Stunts in DEATH PROOF – TODSICHER beteiligt war, in der Making-Of-Doku „Stunts on Wheels – Die legendären Fahrer von Death Proof“ über Quentin Tarantino; // Zitat 2: Definition des „Grindhouse-Kinos“, dem QT mit DEATH PROOF - TODSICHER huldigen wollte; vor allem mit der (grundsätzlich eher für den einstmals „Doppelprogramm / Programm mit zwei Hauptfilmen-erprobten“ US-Markt produzierten) „Grindhouse“-Double Feature-Version von Planet Terror & Death Proof ging es Tarantino & Robert Rodriguez darum, jene Erfahrung zu rekreieren, die Zuseher*innen einst beim Betrachten eines „exploitation film double feature[s] in a ´grindhouse`-theatre“ hatten; // Zitat 3: Widmung, die Tarantino’s DEATH PROOF-Drehbuch vorangestellt ist – Charles B. Griffith (1930-2007): US-Drehbuchautor, Regisseur & Darsteller, der u. a. auch die Drehbücher zu B-Film-Klassikern wie dem Roger Corman-directed The Little Shop of Horrors/dt. Verleihtitel: Kleiner Laden voller Schrecken (1960) mit dem ganz jungen Jack Nicholson oder dem von der B-Film-Ikone Corman produzierten Death Race 2000/dt. Verleihtitel: Frankensteins Todesrennen (1975) mit David Carradine & Sylvester Stallone verfasste; neben dem Drehbuchautor Robert Towne (Vorlage zu Roman Polanski’s Chinatown) & dem Roman-Autor Elmore Leonard („Rum Punch“ – Roman-Vorlage zu Jackie Brown) hat Tarantino in diversen Interviews auch Griffith als einen der „writers“ genannt, die er selbst verehrt; poet laureate of The Drive-in: „Dichterkönig des Auto-Kinos“; Quelle der Zitate 2 & 3: die „US-Fist Edition“ des DEATH PROOF-Skripts von 2007, die ich einmal in einem „Book & DVD-Shop“, der in Jacksonville (Florida) beheimatet ist, erworben habe)
„I don’t like meeting heroes. There’s nobody I want to meet and nobody I want to work with […]“
&
„For people of my generation, he’s a true hero“
(Zwei US-amerikanische Regie-Legenden, zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen - Zitat 1: Woody Allen 1976 im Rolling Stone-Magazin darüber, dass er weder seine „Helden“ treffen noch mit ihnen arbeiten will (im Nachsatz meinte Allen damals allerdings, was hier der Vollständigkeit halber angeführt sei, dass er stattdessen lieber mit Diane Keaton arbeitet); Zitat 2: Aussage von Quentin Tarantino, der in seinen Filmen bekanntlich ständig mit seinen „Heldinnen & Helden“ (Pam Grier, John Travolta etc.) zusammengearbeitet hat, so eben auch mit Kurt Russell, auf den sich die Aussage, getätigt in einem Entertainment Weekly-Interview von 2007, bezieht)
„Ich mag Slasher-Filme so sehr, weil sie ihre Grenzen haben. Sie sind alle ähnlich. Und das macht einen Teil ihres Charmes aus. Das perfekte Genre für Mehrfachdeutung“
&
„Wenn wir nicht eine der besten Autoverfolgungsjagden in der Geschichte des Kinos gemacht haben...Ich habe noch nichts vom verdammten Filmmaterial geschnitten und ich weiß, dass wir es geschafft haben“
(Zitat 1: QT in der Doku „Tarantino – The Bloody Genius“ über seine Vorliebe für das Slasher-Film-Genre; Slasher-Film: Horrorfilm-Subgenre, in dem meist eine Gruppe von Teenagern von einem Killer bedroht wird; als veritable Meilensteine & geradezu Blockbuster des Genres gelten Filme wie John Carpenter’s Halloween – Die Nacht des Grauens (1978), Freitag der 13. (1980) von Sean S. Cunningham und natürlich Wes Craven’s Nightmare – Mörderische Träume von 1984, wobei alle drei Werke bekanntlich eine ganze Reihe von mehr oder weniger gelungenen Fortsetzungen nach sich gezogen haben; als grundsätzlich „Grindhouse-taugliches“ & „Exploitation-Film-ähnliches“ „Splatter-Film-Highlight“ der jüngeren Vergangenheit kann man durchaus Dennis Iliadis‘ The Last House on the Left aus 2009 anführen, ein schonungsloses Remake des gleichnamigen Wes Craven-Exploitation-Horror-Movies von 1972, der -im Grunde- nach Motiven eines der besten Ingmar Bergman-Filme überhaupt entstanden ist, nämlich des grandiosen Ein Vater (Max von Sydow) rächt sich an den Vergewaltigern & Mördern seiner Tochter, die zufälligerweise dann in seinem Haus Unterschlupf suchen-Films Die Jungfrauenquelle (1960); // Zitat 2: Tarantino zu seiner Crew im Rahmen einer „Ansprache am Death Proof-Set“ – Quelle: Doku „Stunts on Wheels“)
Nun, Slasher- und Exploitation-Filme mit ihrem Genre-bedingten „lack of shame & taste“, der sozusagen auch keinerlei „Bedarf“ sieht, sich für die diversen „Schamlosigkeiten“ und „Geschmacklosigkeiten“ zu „entschuldigen“, gehören gewiss ebenso zu Quentin Tarantino’s Wurzeln als Filmemacher wie das asiatische Kino oder das Kino eines Sam Peckinpah, eines Samuel Fuller (z. B.: 1980: The Big Red One) oder eines Jean-Luc Godard.
Die Story von DEATH PROOF - TODSICHER, die ja, vor allem für Tarantino’s Verhältnisse, in einer fast schon „geradlinigen“ und „linearen“ Weise erzählt wird, hat QT aber nicht nur der Liebe zu Slasher-Filmen zu verdanken (QT – bezüglich seiner Herangehensweise an Drehbuch und Film: „Let me take the structure of a slasher film and just do what I do“), sondern zu einem Großteil natürlich auch dem „respect“, den er gegenüber Stuntleuten empfindet, sowie vor allem der Faszination für „todsichere“ Stuntautos, die „High-Speed-Crashs“ und -an sich- tödliche Kollisionen „überleben“ können (Zoë Bell – über die Stunts in DEATH PROOF - TODSICHER: „Es war Old-School-Action mit Stuntmen. Und hier sagt Quentin einfach `Danke` zu allen Stuntleuten im Filmgeschäft“; Quelle: Doku „Tarantino – The Bloody Genius“).
Insofern bedeutete DEATH PROOF - TODSICHER für den Filmemacher auch eine Art Verbeugung vor diversen „Film-, Auto-Film- & Auto-Kino-Klassikern“ der Vergangenheit, und zwar vor jenen, die noch „CGI[Computer Generated Imagery]-freie Stunts“ präsentierten („Quentin wollte echte Action, wie bei `Fluchtpunkt San Francisco`, `Bullitt` und `French Connection`, wo man keine Tricks benutzte“ - Death Proof-Stunt-Koordinator Jeff Dashnaw in „Stunts on Wheels“), was sich im Film auch in der folgenden Unterhaltung zwischen „PAM“ Rose McGowan und „STUNTMAN MIKE“ Kurt Russell abbildet, in der wiederum die zwei „car chase“-Kult-Filme Fluchtpunkt San Francisco und Kesse Mary – Irrer Larry (Dirty Mary, Crazy Larry; Regie: John Hough; mit Peter Fonda & Susan George; Anm.: 1997 in JACKIE BROWN sieht sich „Melanie Ralston“ Bridget Fonda „Dirty Mary, Crazy Larry“ sogar einmal im Fernsehen an, was gleichzeitig eben heißt, dass hier Bridget Fonda in einer Filmrolle ihrem Vater Peter Fonda in einer Filmrolle zusieht!) erwähnt werden, die eben zweifellos großen Einfluss auf Tarantino und auf DEATH PROOF – TODSICHER hatten:
PAM
How do you make a car death proof?
STUNTMAN MIKE
That’s what stuntmen do. You’ve seen a movie where a car gets into some smashup that there ain’t no way in hell anybody’s walkin‘ away from?
PAM
Yeah.
STUNTMAN MIKE
How do you think they accomplish that?
PAM
CGI?
STUNTMAN MIKE
Well, unfortunately, nowadays, more often than not, you’re right. But back in the all or nothin` days, the `Vanishing Point` days, the `Dirty Mary Crazy Larry` days, they were real cars crashin` into real cars, with real dumb, real people drivin` ´em. So you give the stunt team the car you want to smash up, they take `er, reinforce that fucker everywhere, and Wa-La. You got yourself a death - proof automobile.
(aus: DEATH PROOF - TODSICHER; Dialog gemäß Skript; dt. Synchronfassung: PAM: „Wie macht man ein Auto todsicher?“ / STUNTMAN MIKE: „Tja, Stuntmänner können sowas. Du hast doch sicher schon mal n` Auto im Film gesehen, das so zerstört wurde, dass niemand lebend hätte rauskommen können?“ / PAM: „Ja“ / STUNTMAN MIKE: „Siehst du, und wie denkst du machen die das?“ / PAM: „CGI?“ / STUNTMAN MIKE: „Na ja, heutzutage immer häufiger, Pam, da hast du recht. Aber in der Zeit von […] `Fluchtpunkt San Francisco` und `Kesse Mary – Irrer Larry` […] sind echte Autos in echte Autos gerast, die noch von echt dummen Menschen gefahren wurden. Das hieß: Ein Stuntman nimmt sich deine Karre vor, verstärkt das Miststück, wo es nur geht, und...voila...hast du ganz plötzlich ein todsicheres Automobil“; Anmerkung: Der Dialog findet auf dem Parkplatz des „Huck’s“ statt, kurz bevor Pam dann in Stuntman Mike’s Auto steigt)
Ganz generell kann man sagen, dass Tarantino bei DEATH PROOF – TODSICHER, obwohl oftmals die „ermüdende Geschwätzigkeit“ des Werks kritisiert wurde, im Endeffekt der Action fast dasselbe Maß an „plot-development“ zukommen hat lassen wie den Dialogen - und das Ziel, was die Autostunts in seinem Film anbelangte, war dementsprechend auch, dabei sozusagen jenen „Vorgaben“ folgend, die er „Stuntman Mike“ in den Mund gelegt hat, dass man die Autoverfolgungsjagden unbedingt „in the stomach“ fühlen sollte, was CGI-Varianten ohnehin von vornherein ausschloss (QT: „CGI for car stunts doesn’t make any sense to me – how is that supposed to be impressive?“) und „[e]chte Autos, echte Stunts bei absoluter Höchstgeschwindigkeit“ (QT in: „Stunts on Wheels“) unverzichtbar machte.
Noch dazu war QT der Meinung, dass man schon lange Zeit keine „guten Auto-Verfolgungsjagden“ mehr im Kino gesehen hatte, zumindest nicht, seitdem er selbst begonnen hatte Filme zu drehen, also seit Anfang der 90er-Jahre – als letzten Film, der einen „terrific car chase“ präsentiert hatte, nannte Tarantino in verschiedenen Interviews lediglich James Cameron’s Action & Science Fiction-Meilenstein & Meisterwerk Terminator 2 – Tag der Abrechnung (Terminator 2: Judgment Day) von 1991.
Um DEATH PROOF – TODSICHER tatsächlich noch stärker wie einen Streifen aussehen zu lassen, der auch „in grindhouse theatres in the 70s“ hätte gezeigt werden können, wurden mehrere „unkonventionelle Techniken“ angewandt, darunter auch jene der „absichtlichen Zerstörung“.
Das entstandene Filmmaterial wurde in jenem Abschnitt des Werks, in dem JUNGLE JULIA, ARLENE & SHANNA im Mittelpunkt von Stuntman Mike’s Interesse stehen, also „intentionally damaged“, soll heißen: künstlich mit Kratzern oder Ton-Ausfällen etc. versehen, einfach, um der Tatsache gerecht zu werden, dass die billigen Exploitation-Filme seinerzeit quasi von „movie-theatre to movie-theatre“ transportiert wurden und somit automatisch oftmals in „bad shape“ endeten.
Auffällig sind auch die eingefügten „jump cuts“ ganz zu Beginn des Films, wo man zunächst, für einen kurzen Moment, den Filmtitel „Quentin Tarantino’s Thunder Bolt“ präsentiert bekommt, bevor ein „Bildsprung“ zum echten Titel, „Death Proof“, überleitet (Anmerkung: Auch diese „Neu-Betitelung“ war für Exploitation- & somit Grindhouse-Filme in den 70ern keine ungewöhnliche, denn nach eventueller „Negativ-Presse“ nach der Premiere wurden viele Werke einfach „retitled“ / umbenannt).
Insgesamt gibt es, was die Laufzeit von DEATH PROOF – TODSICHER anbelangt, zwischen der „full length“-Version (109 Min.) und der „Grindhouse“-Version mit Rodriguez‘ Planet Terror als „zweiten -gekürzten- Hauptfilm“ eine Differenz von rund einer halben Stunde, wobei Tarantino angemerkt hat, dass er sich beim Kürzen seines Films zunächst so vorgekommen sei wie ein „US-Exploitation-Film-Distributor“, der ein Werk „bis zur Unkenntlichkeit & Inkohärenz“ verstümmelt, wobei er selbst überrascht davon war, dass das Endergebnis, die gekürzte Death Proof-Version, irgendwie auch „funktioniert“ hat (QT: „It worked“).
Bei den Filmfestspielen in Cannes, wo DEATH PROOF – TODSICHER 2007 im Hauptbewerb um die Goldene Palme teilnahm, den Tarantino ja bekanntlich 1994 mit PULP FICTION für sich entschieden hatte, wurde sogar ein „Extended Cut“ des Werks in der Länge von 127 Minuten präsentiert.
(ENDE von TEIL 2; NEU ÜBERARBEITETE FASSUNG; Ur-Fassung vom 19.01.2021)