Joe Egan und Gerry Rafferty bildeten die Gruppe Steelers Wheel. Und im April 1974 nahmen sie diesen auf Bob Dylan getrimmten Pop-Bubblegum-Hit auf, der bis auf Platz 5 der Hitparade kletterte. Und diesen Titel werden wir jetzt als Nächstes spielen.
…
„Well I don’t know why I came here tonight/I got the feeling that something ain’t right […] /Clowns to the left of me/Jokers to the right/Here I am/Stuck in the middle with you“
(aus: Reservoir Dogs - Wilde Hunde; der DJ der Radio-Station „K-Billy“ kündigt, im Rahmen der „Superoldies-Hitparade der 70er-Jahre“, den Song „Stuck in the Middle with You“ von Steelers Wheel an, der die „ear cutting-torture-scene“ mit „Mr. Blonde“ Michael Madsen & „Marvin Nash“ Kirk Baltz untermalt; Anmerkung: Als DJ des „K-Billy’s Super Sounds of the Seventies Weekend“ fungierte der Comedian Steven Wright, der damals in den USA „known for his deadpan delivery of jokes“ war, also für die „unbewegte & ausdruckslose“ Art, seine Witze zu erzählen; Bubblegum: Rockmusik-Genre mit simplen Liedtexten und eingängigen Melodien, deren Anspruchsniveau sich an der Altersgruppe von Kindern orientiert)
MR. PINK
Wieso dürfen wir die Farben nicht aussuchen?
JOE CABOT
Auf gar keinen Fall. Ich hab’s versucht. Das funktioniert nicht. Dann hast du vier Kerle, die sich darum streiten, wer „MR. BLACK“ sein darf.
(aus: Reservoir Dogs - Wilde Hunde; Dialog zwischen „Mr. Pink“ Steve Buscemi und „Joe Cabot“ Lawrence Tierney während der „aliases“-Vergabe; laut Tarantino-Skript sagt Mr. Pink „Why can’t we pick out our own color?“ und Joe Cabot antwortet „I tried that once, it don’t work. You get four guys fighting over who’s gonna be Mr. Black“ - wenig später macht „the big boss“ Joe Cabot klar, dass er hier das Sagen hat und bei der „Decknamen-Vergabe“ keine weiteren Einwände bezüglich der „Farben-Verteilung“ toleriert: „Listen up, Mr. Pink. We got two ways here, my way or the highway.“)
MR. BLUE
Was soll sie tun, dir einen runterholen?
(aus: Reservoir Dogs - Wilde Hunde; „Mr. Blue“, gespielt von dem 2005 verstorbenen Schriftsteller und Schauspieler Edward „Eddie“ Bunker, zu „Mr. Pink“ Steve Buscemi, der aus Prinzip kein Trinkgeld geben will und zuvor, laut QT-Skript, zu „Mr. Blue“ gemeint hat: „Our girl was okay. She didn’t do anything special.“; die Originalversion der Mr. Blue-Aussage lautet: „What’s something special, take ya in the kitchen and suck your dick?“; Anmerkung: Eddie Bunker (Jahrgang 1933), der im Jahr 2000 seine Memoiren „Mr. Blue: Memoires of a Renegade“ veröffentlicht hat, verleiht der Rolle des „Mr. Blue“ deshalb eine zusätzliche Glaubwürdigkeit, weil er, bevor er im Alter von 40 dann seinen ersten Roman ablieferte, im Laufe seines Lebens mehrfach zu längeren Haftstrafen verurteilt wurde, die er zumeist in San Quentin absitzen musste)
„Wenn du Menschen sagst, was sie tun sollen und nicht, wie sie es tun sollen, dann werden sie dich mit ihrer Genialität überraschen“
(Quentin Tarantino über seine Arbeitsweise am Set – der QT-Sager ist eine Anlehnung an den berühmten US-General George S. Patton, der die 3. US-Armee nach der Landung in der Normandie befehligte und dessen Spitzname übrigens „Old Blood and Guts“ war)
Angeführt wird das phänomenale Schauspielensemble, also die „Eight men dressed in BLACK SUITS“ (Copyright: Reservoir Dogs-Skript; Anmerkung: Den „80er-Jahre-Retro-Look“ der Gangster, die schwarzen Anzüge mit dünnen Schlipsen, hat Tarantino als „deren Uniform, deren Rüstung“ bezeichnet) rund um „big boss“ Joe Cabot, von „Mr. White“ Harvey Keitel (eine berühmte Aussage von „Mr. White“, gerichtet an den auf der Rückbank des gestohlenen Wagens aufgrund des Bauchschusses blutenden und schreienden „Mr. Orange“: „Say-the-goddam-words: you’re gonna be okay!“ - QT-Skript-Version / dt. Fassung: „Nun sag diese verdammten Worte schon! Du wirst wieder gesund!“).
Die Kinolaufbahn von Harvey Keitel begann im Grunde bereits Ende der 60er-Jahre, denn damals hatte sich Keitel (Jahrgang 1947) auf die Anzeige eines jungen New Yorker Regie-Studenten gemeldet, der nach Schauspielern für seinen Abschlussfilm suchte. Bei dem jungen Regisseur handelte es sich tatsächlich um keinen Geringeren als Martin Scorsese, der Keitel daraufhin dann auch die Rolle des „J.R.“ in seinem Regie-Debüt Wer klopft denn da an meine Tür? (1967; Who’s That Knocking at My Door?) gab.
Wie bereits erwähnt wurde Keitel in den 70ern dann für kurze Zeit sogar zu so etwas wie Scorsese’s „Leading Man“ und spielte 1973 die Hauptrolle in dessen erstem großen Gangsterfilm Mean Streets – Hexenkessel. Obwohl Keitel nach Mean Streets – Hexenkessel bei Scorsese dann bekanntlich von Robert De Niro als „Lieblingsschauspieler“ abgelöst wurde, besetzte ihn Scorsese immer wieder in seinen Filmen, so auch in der „Dramedy“ Alice lebt hier nicht mehr (1974; Alice Doesn’t Live Here Anymore; in den Hauptrollen: Ellen Burstyn & Kris Kristofferson), in dem Skandalfilm Die letzte Versuchung Christi (1988; The Last Temptation of Christ; Hauptrolle: Willem Dafoe), in dem Keitel sogar die Rolle des „Judas Iscariot“ spielte, oder auch in dem grandiosen 209-minütigen Gangsterepos The Irishman aus 2019 (Hauptbesetzung: Robert De Niro, Al Pacino & Joe Pesci).
Den vielleicht „most memorable part“ bei Scorsese hatte Keitel aber 1976 als Zuhälter („Matthew Sport Higgins“) der damals erst 14-jährigen Jodie Foster („Iris Steensma“) in dem Jahrhundertfilm Taxi Driver (in der Hauptrolle des „Travis Bickle“: Robert De Niro; Drehbuch: Paul Schrader), den auch Quentin Tarantino in den „1990s“ in diversen Interviews als „einen seiner drei Lieblingsfilme“ bezeichnet hat (die anderen beiden waren Brian De Palma’s Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren mit John Travolta aus 1981 und Howard Hawks‘ Westernklassiker Rio Bravo aus 1959; Quelle: Charlie Rose-Show 1994).
Keitel’s absolutes Meisterstück bleibt aber seine Rolle des „namenlosen“ und drogen- sowie wettsüchtigen „police lieutenant[s]“ in Abel Ferrara’s radikalem Meisterwerk Bad Lieutenant (1992), den ich persönlich für „one of the greatest independent films of all time“ halte (Anmerkung: „Independent-Filme“/„Indie-Filme“ - Filmproduktionen, die außerhalb etablierter (Studio-)Strukturen umgesetzt werden), da Keitel’s Performance darin eine „Intensität der Verzweiflung“ erreicht, die fast schon unheimlich ist und die ich in der Form kaum je irgendwo anders, im Übrigen auch nicht bei Robert De Niro, gesehen und vor allem gespürt habe.
Weitere Filmographie-Highlights des Workaholics Keitel, der oft bis zu sechs Filme pro Jahr drehte und sich eben immer wieder sozusagen auch für Nachwuchs-Filmemacher zur Verfügung stellte (Anmerkung: Keitel trat nicht nur im Scorsese- und im Tarantino-Debüt auf, sondern auch in den Regie-Debüts von Alan Rudolph und Ridley Scott, also in Willkommen in Los Angeles und Die Duellisten, veröffentlicht 1976 und 1977), sind Jane Campion’s poetisches Meisterwerk Das Piano (1993; The Piano) sowie die nach einer Drehbuch-Vorlage von Paul Auster entstandenen Independent-Filme und „New York-Porträts“ Smoke – Raucher unter sich (1995; Smoke; Regie: Wayne Wang) und Blue in the Face – Alles blauer Dunst (1995; Blue in the Face; Regie: Wayne Wang & Paul Auster).
Zu den zahlreichen Dialog-Höhepunkten in Reservoir Dogs - Wilde Hunde, abseits der „[…] 'True Blue' was about a nice girl who finds a sensitive fella […] But 'Like a Virgin' was a metaphor for big dicks“-Debatte (Copyright: MR. PINK, der die Ausführungen von MR. BROWN, laut Tarantino-Skript, auf diese Weise zusammenfasst) zu Beginn, gehört auf jeden Fall auch jene Konversation zwischen „Mr. Orange“ Tim Roth und „Mr. White“ Harvey Keitel, die stattfindet, als die beiden einmal vor der Location des geplanten Juwelenraubs in einem Auto sitzen und der „erfahrene Kriminelle“ Mr. White den jungen Mr. Orange quasi unter seine Fittiche nimmt und sich als eine Art „Mentor“ präsentiert.
Die Konversation scheint für Tarantino so zentral gewesen zu sein, dass sie auch auf dem Reservoir Dogs-Soundtrack (gleichsam als „Dialogschnipsel“ und betitelt mit „Let’s Get A Taco“) enthalten ist, und an dieser Stelle sei ein Ausschnitt daraus wiedergegeben, der sowohl den Text der deutschen Synchro enthält als auch die Originalversion aus dem Reservoir Dogs-Drehbuch:
MR. WHITE
Wenn du was wissen willst und er[der Geschäftsführer] nicht antwortet, dann schneid ihm einen Finger ab. Den kleinen Finger. Und sag ihm, der Daumen wär der nächste. Dann verrät er dir sogar, dass er Damenunterwäsche trägt. Ich hab Hunger, gehen wir was essen.
(Mr. White‘s vollständige Ausführungen bezüglich des Managers lauten gemäß QT-Skript wie folgt: „Now, if it’s a manager, that’s a different story. The Manager know better than to fuck around. So if one’s givin‘ you static, he probably thinks he’s a real cowboy. So what you gotta do is break that son-of-a-bitch in two. If you wanna know something and he won’t tell you, cut off one of his fingers. The little one. Then you tell ´im his thumb’s next. After that he’ll tell ya if he wears ladies underwear. I’m hungry, let’s get a taco.“)
Angeblich hatte der „Mr. Blonde“-Darsteller Michael Madsen (MR. BLONDE zu „Marvin Nash“ Kirk Baltz: „Hör zu, Kleiner. Ich will dir gar nicht erst was vormachen, OK? Es ist mir eigentlich völlig egal, was du weißt oder nicht weißt. Weil ich dich in jedem Fall foltern werde“) so seine Probleme, die wahrlich schockierende „torture scene to the tune of Steelers Wheel’s ´Stuck in the Middle with You´“ zu Ende zu führen, denn speziell in dem Moment, in dem der „Marvin Nash“-Darsteller Kirk Baltz zu ihm sagt „Ich habe Familie, ich hab ein kleines Kind, bitte!“, musste Madsen die Szene fast abbrechen.
Diese berühmt-berüchtigte „ear cutting-scene“ (QT: „I wanted that scene to be disturbing“) hat Tarantino’s Werk damals nicht nur zu einem beliebten Diskussionsgegenstand bezüglich „on-screen-violence“ gemacht, sondern ihrem Schöpfer -gleichsam von Karrierebeginn an- auch durchaus schmeichelhafte Vergleiche mit Regie-Meistern wie Alfred Hitchcock und David Lynch eingebracht, da Reservoir Dogs - Wilde Hunde an jener Stelle ohne Zweifel ganz nahe an den „ultimativen Horror“ von Werken wie Hitchcock’s Psycho (1960) mit der bahnbrechenden „shower murder scene“ oder Lynch’s Blue Velvet (1986), in dem bekanntlich die von Kyle MacLachlan gespielte Hauptfigur auf einer Wiese ein abgeschnittenes Ohr findet, herankommt.
Beim Sitges Film Festival (oder: „Sitges Festival Internacional de Cinema Fantástic de Catalunya“) in Spanien, wo Reservoir Dogs - Wilde Hunde ebenfalls gezeigt wurde, sollen der A Nightmare on Elm Street- & Scream-Regisseur Wes Craven sowie der legendäre Special Effects-Künstler Rick Baker (z. B.: 1981: American Werewolf; 1983: Musikvideo zu Michael Jackson’s Song „Thriller“) die Vorstellung, zusammen mit 13 anderen Leuten, während der Folterszene verlassen haben, was, wie Rick Baker nachher betonte, mehr „als Kompliment“ an Tarantino gemeint war, da Craven und er die Szene aufgrund ihres hohen Grads an Realismus als wahrlich „zermürbend“ empfanden (Anmerkung: Als Tarantino’s Vorbild für die „ear cutting-scene“ wurde übrigens immer wieder der Italo-Western-Klassiker Django von Sergio Corbucci aus 1966 genannt, da sich darin eine ähnlich geartete Folterszene befindet).
Wie auch immer: Michael Madsen’s „Mr. Blonde“ ist einer der ganz großen „psychos“ der Filmgeschichte, denn Madsen spielt die Figur, ähnlich wie Anthony Perkins „Norman Bates“ in Hitchcock’s Psycho, bis in die kleinste Geste hinein ungeheuer überzeugend und äußerst „creepy“.
Ein Aspekt, der die besagte Reservoir Dogs-„ear cutting-torture-scene“ noch einmal auf ein ganz besonderes Level hebt, ist der Umstand, dass „Mr. Blonde“ Michael Madsen dabei zunächst zu den Klängen von „Stuck in the Middle with You“, also zu den Klängen des Songs, der gerade auf der Radio-Station „K-Billy“ läuft, zu tanzen beginnt – die verwendete Musik sollte, laut Tarantino, eine Art „counterpart to the onscreen violence & action“ sein, also: eine Art Gegenentwurf zur Handlung auf der Leinwand, denn der Regisseur wollte für seinen gesamten Film ausdrücklich ein „1950s feel while using 70s music“.
Die dritte Figur, der Tarantino in Reservoir Dogs - Wilde Hunde ein eigenes „Kapitel“ zugestanden hat, ist der Undercover-Cop „Freddy Newandyke“ alias „Mr. Orange“ (MR. ORANGE zu MR. WHITE – laut Skript: „All this blood is scaring the shit outta me. I’m gonna die, I know it“).
Der Brite Tim Roth, der sich für die „Mr. Orange“-Rolle seinen britischen Akzent abtrainieren musste, folgte Anfang der 90er-Jahre sozusagen dem Ruf nach Hollywood. Zuvor hatte er aber in seiner Heimat praktisch mit fast der gesamten Regie-Elite des Landes gearbeitet, denn er war unter anderem in Mike Leigh’s TV-Produktion Meantime (1983) zu sehen sowie auch in Stephen Frears‘ „meditativem Kriminalfilm“ The Hit (1984) – der mit Abstand beste UK-Film, in dem Roth in den 80er-Jahren zugegen war, ist aber gleichzeitig, zumindest aus meiner ganz persönlichen Sicht, einer der besten europäischen Filme aller Zeiten, nämlich Peter Greenaway’s Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber (1989; The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover), in welchem Roth, an der Seite seiner Co-Stars Richard Bohringer, Michael Gambon und Helen Mirren sowie eingekleidet in die fantastischen Kostüme von Jean-Paul Gaultier, die Rolle des Gangsters „Mitchel“ spielte.
Tim Roth, der bei den Dreharbeiten zu Reservoir Dogs - Wilde Hunde vor allem von Tarantino’s „energy“ angetan war, gibt in dem Film einen sehr guten „Verletzten mit Bauchschuss“ und somit „Mr. White-Gesprächspartner“ ab, ist jedoch in den „becoming an undercover-cop“-Szenen mit „Holdaway“ Randy Brooks (im Übrigen der erste bedeutende „Afro-American“ im Tarantino-Personal!) weit weniger überzeugend, da Roth darin komischerweise ein wenig zum „Overacting“ tendiert.
Eine wirklich großartige Dialog-Sequenz von Reservoir Dogs - Wilde Hunde mit „Tim Roth-MR. ORANGE-Beteiligung“ ist hingegen die folgende Unterhaltung zwischen „Mr. Pink“ Steve Buscemi, „Nice Guy Eddie Cabot“ Chris Penn (Sean Penn’s 2006 verstorbener Bruder; weiteres Filmographie-Highlight: Abel Ferrara’s Das Begräbnis von 1996) und eben „Mr. Orange“ Tim Roth, die in einem Wagen stattfindet, in dem sich darüber hinaus noch „Mr. White“ Harvey Keitel befindet - der Dialog zeugt nicht nur von einer „sexual attraction to Pam Grier“, also Tarantino’s späterer Jackie Brown-Darstellerin, sondern er ist auch typisch für die Art, wie „white criminals“ in Reservoir Dogs - Wilde Hunde über „black people“ sprechen, die übrigens auch ähnlich der Art ist, wie Kriminelle über Afro-Amerikaner in Scorsese-Filmen wie Mean Streets – Hexenkessel und Good Fellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia reden (Anmerkung: Der Dialogpassage geht gleichsam „Die Story von Lady E“ voraus, die „Nice Guy Eddie“ Chris Penn allen erzählt und die von einer äußerst attraktiven „black cocktail waitress named Elois“ handelt – nur kommen sie von „Elois/Lady E“ dann eben irgendwann auf „Blaxploitation & Pam Grier“):
EDDIE
You know who she[Elois/„Lady E“] looked like? Christie Love. ’Member that TV show „Get Christie Love“? She was a black female cop. She always used to say „You’re under arrest, sugar“.
MR. PINK
[…] What the fuck was the name of the chick who played Christie Love?
EDDIE
Pam Grier.
MR. ORANGE
No, it wasn’t Pam Grier. Pam Grier was the other one. Pam Grier made the movies. „Christie Love“ was like a Pam Grier TV show, without Pam Grier.
(Anmerkung: Der Text folgt dem Reservoir Dogs-Skript; die deutsche Synchro: EDDIE: „Wisst ihr, wie sie ausgesehen hat? Sie sah aus wie Christie Love, dieser schwarze, weibliche Bulle aus der Fernsehserie ‚Ein Auftrag für Christie Love‘. Die hat doch immer gesagt: ‚Du bist verhaftet, Süßer‘“ / MR. PINK: „Wie hieß denn diese Schauspielerin gleich noch?“ / EDDIE: „Pam Grier“ / MR. ORANGE: „Nein, das war nicht Pam Grier. Sie war überhaupt nicht dabei. Pam Grier hat den Film gemacht. Christie Love war wie die Pam Grier-Fernsehshow. Aber ohne Pam Grier“; Eddie, Mr. Pink & Mr. Orange reden im Grunde von der US-TV-Serie „Get Christie Love!“, die von 1974-1975 lief und in der Teresa Graves (und eben nicht Pam Grier) die Hauptrolle spielte, was Graves damals auch zur ersten afroamerikanischen Frau machte, die die Hauptrolle in einer Fernsehserie innehatte; wenn Tarantino „Mr. Orange“ in seinem Skript von „movies“ sprechen lässt, dann hatte er da wohl Pam Grier-Kinofilme wie Coffy – Die Raubkatze (1973) oder Foxy Brown (1974) im Sinn – im fertigen Film jedoch hat QT „Mr. Orange“ Tim Roth aber dann tatsächlich den Satz „Pam Grier did the film“ sagen lassen, was die „Christie Love-Pam Grier-Verwirrung“ der Gangster nur noch stärker hervorhebt)
Reservoir Dogs - Wilde Hunde feierte seine Premiere im Januar 1992 beim „Sundance Film Festival“. Das Werk wurde „picked up for distribution by Miramax Films“ und lief am Ende in über 60 Kinos in den USA. Während der Film in den Vereinigten Staaten nur als „modest success“ gewertet wurde, hatte er beispielsweise weit mehr Erfolg in Großbritannien. Als finales Einspielergebnis des Tarantino-Debüts gilt der Betrag von 2,8 Millionen US-Dollar.
So richtig populär wurde Reservoir Dogs - Wilde Hunde aber natürlich erst nach dem weltweiten Erfolg von Pulp Fiction und landete, und das sei hier erwähnt, um das gegenwärtige „Standing“ des Werks zu verdeutlichen, bei einem Voting des Empire-Magazines von 2013 mit dem Titel „Empire’s 50 Greatest Independent Films“ sogar auf Platz 1 (vor Richard Kelly’s „science fiction psycho thriller“ Donnie Darko aus 2001 und James Cameron’s Terminator aus 1984).
Jenseits von Votings muss Reservoir Dogs - Wilde Hunde, den der britische Filmregisseur und „Gelegenheitsfilmkritiker“ Mark Cousins sogar einmal „[Tarantino’s] Meisterwerk in Form und Inhalt“ nannte, in der Tat als wichtiger und einflussreicher Meilenstein des „independent filmmaking“ gelten, der aber jedoch bei seinem Erscheinen, wie fast alle Tarantino-Filme, Kritik „for it’s strong violence & language“ erntete (QT zum Thema „Sprache“ in seinen Filmen: „For some people […] the rudeness of the language […] is a mountain they can’t climb. That’s OK. It’s not their cup of tea. There’s other things that they can see“).
Einige Pressestimmen: Vincent Canby von der New York Times lobte seinerzeit die Leistung des Schauspielensembles rund um Harvey Keitel und zeigte sich von Tarantino’s „non-linearem Geschichtenerzählen“ beeindruckt. Die New York Daily News meinte im Nachhinein im Zusammenhang mit Reservoir Dogs - Wilde Hunde und der darin vorkommenden Gewalt „people were not ready for it“ und verglich den Effekt des Films gar mit jenem des Stummfilms Die Ankunft eines Zuges im Bahnhof von La Ciotat (L’arrivée d’un train en gare de La Ciotat; Regie: Auguste & Louis Lumiére) von 1895, bei dessen Premiere die Zuseher -angeblich- aus einem als Vorführraum dienenden Café gerannt sind, weil sie Angst hatten, von dem einfahrenden Zug überrollt zu werden. Der Chicago Sun-Times-Star-Kritiker Roger Ebert gab dem Film lediglich 2 ½ von 4 Sternen, da er zwar die schauspielerischen Leistungen darin mochte, dafür aber der Meinung war, dass Tarantino’s Skript besser hätte sein können („[Tarantino] has an idea and trusts the idea to drive the plot“). Die Zeitschrift Vanity Fair nannte Reservoir Dogs - Wilde Hunde einst einen „Actionfilm für Nihilisten“.
EPILOG
Die Anschaffung von Soundtracks ist, selbst für „Film-Freaks“, im Grunde in den meisten Fällen keine sehr sinnvolle oder lohnende Sache, denn losgelöst von den Bildern sind viele „Scores“ einfach nur langweilig und öde. Eine Ausnahme stellen aber auf jeden Fall die Soundtracks zu Tarantino-Filmen dar, die fast ein „Must-Have“ sind, wenn man mit Tarantino‘s filmischem Universum etwas anfangen kann.
Der Reservoir Dogs-Soundtrack, den ich persönlich mir, wie wahrscheinlich die meisten „Tarantino-geneigten Kinogeher“, erst angeschafft habe, nachdem mich 1994/1995 die „Pulp Fiction-Begeisterung“ erfasst hatte, ist ein ganz besonderes Juwel, denn der Soundtrack „set the structure Tarantino‘s later soundtracks would follow“, da zwischen den einzelnen Musiktiteln gleichsam „Schnipsel“ („Dialogue Excerpts“) eingefügt sind, die zentrale Dialoge aus dem Film wiedergegeben – ein Effekt, der dazu führt, dass man den gesamten Film beim Hören des Soundtracks irgendwie noch einmal erlebt.
Reservoir Dogs' „MUSIC FROM THE ORIGINAL MOTION PICTURE SOUNDTRACK“ verfügt über viele Highlights, wie eben die Songs „Little Green Bag“, „Hooked on a Feeling“ und „Stuck in the Middle with You“, aber auch „Fool for Love“ von Sandy Rogers ist großartig und ein Song, der schon in dem gleichnamigen Robert Altman-Film von 1985 Verwendung fand und dort gleichsam als „title country pop ballad“ fungierte.
Der beste Song des gesamten Albums ist jedoch „Coconut“ von Harry Nilsson, der während des Abspanns läuft und nochmals so etwas wie einen triumphalen Schlusspunkt setzt.
In „Coconut“, erschienen ursprünglich 1971 auf Nilsson‘s Album „Nilsson Schmilsson“, gibt es in den „lyrics“ quasi vier Charaktere: den „Erzähler“, den „Bruder“, die „Schwester“ und den „Doktor“. Drei dieser Charaktere (der Erzähler, die Schwester & der Doktor) werden von Nilsson mit verschiedenen Stimmen gesungen. Die Story des Songs, denn „Coconut“ ist ein sogenannter „novelty song“, handelt von einem Mädchen, das nachts ihren Arzt anruft, weil sie Bauchschmerzen hat, und der Arzt verordnet ihr dann sozusagen genau jenen Drink (Inhalt einer Kokosnuss & Limette), der die Bauchschmerzen überhaupt erst ausgelöst hat.
Das Ganze ist wie ein ultimativer „Kommentar“ zum Ende von Reservoir Dogs - Wilde Hunde, denn „Mr. White“ Harvey Keitel „heilt“ die „Bauchschmerzen“ von „Mr. Orange“ Tim Roth letztendlich mit demselben Mittel, das sie hervorgerufen hat: „a bullet“!
She put the lime in the coconut/she drank ‘em bot‘ up (3x)
She put the lime in the coconut/she call the doctor/woke ‘I’m up
And said „doctor, ain’t there nothin‘ I can take?“
I said „doctor, to relieve this belly ache“
I said „doctor, ain’t there nothin‘ I can take?“
I said „doctor, to relieve this belly ache“
(aus: „Coconut“ von Harry Nilsson)
(ENDE von TEIL 3 - Neu überarbeitete Fassung; Ur-Fassung: 11.03.2020)