BONUS-Essay zu EIN QUANTUM BOND 2: James Bond 007 - Lizenz zum Töten (TEIL 2[von 5])

 

M

Your licence to kill is revoked.

 

(aus: Lizenz zum Töten; „M“ Robert Brown entzieht „007“ Timothy Dalton, und das im „Ernest Hemingway House“ in Key West, die berühmte „Lizenz zum Töten“; die deutsche Fassung des „M“-Sagers lautet: „Ihre Lizenz zu töten ist aufgehoben“; revoked: widerrufen)

 

 

FELIX LEITER

Da unten gibt es nur ein Gesetz: Das Gesetz von Sanchez - „Plomo o plata“.

 

(aus: Lizenz zum Töten; „There’s only one law down there[in „Isthmus“] – Sanchez’s law: Plomo o plata“; „Felix Leiter“ David Hedison zu 007 in Leiter’s Büro über den Drogenbaron Franz Sanchez; kurz darauf übersetzt „James Bond“ Timothy Dalton im Film, was „plomo o plata“ heißt: „Blei oder Silber“)

 

 

FRANZ SANCHEZ

Die Drogen-Dealer der Welt vereinigen sich.

 

(aus: Lizenz zum Töten; „Drug dealers of the world unite“ – „Franz Sanchez“ Robert Davi zu seinen Geschäftspartnern bei einem Treffen in seinem Büro in Isthmus-City)

  

 

Licence Revoked“ – So hätte der Titel des 16. Bond-Films eigentlich ursprünglich lauten sollen, wenn das für das amerikanische Test-Publikum, dem der Film vorgeführt wurde, nicht eher ein „driving-term“ gewesen wäre und viele tatsächlich gedacht haben, man hätte James Bond 007 gleichsam die „driving licence“, also: „den Führerschein“, entzogen.

Aber der Reihe nach: Nach Der Hauch des Todes (The Living Daylights; Regie: John Glen) von 1987 wollten die Bond-Macher rund um Albert R. Broccoli, Michael G. Wilson sowie auch Drehbuchautor Richard Maibaum unbedingt den „realistischeren Stil“ und den „dunkleren Ton“ weiterführen, der wieder Eingang in die Bond-Serie gefunden hatte. Angedacht war zunächst auch, „ganz neue Drehorte“ auszuprobieren, in denen zuvor noch nicht so viele „westliche Filme“ entstanden waren. Dennoch wurde die Idee, einen Teil des neuen James Bond movies in China zu drehen, wieder verworfen, da der italienische Regisseur Bernardo Bertolucci (1972: Der letzte Tango in Paris mit Marlon Brando & Maria Schneider) durch seinen Welterfolg Der letzte Kaiser (1987; The Last Emperor; mit John Lone, Joan Chen & Peter O‘Toole) diese Art von „Vorreiter-Rolle“ plötzlich inne hatte und sogar in der „Verbotenen Stadt“ im Zentrum von Peking drehen durfte – Broccoli, Wilson und Maibaum hatten allerdings für ihren Helden „007“ schon potentielle Highlights wie eine „chase scene along The Great Wall“ sowie eine Kampfszene inmitten der Terrakotta-Armee in Zentralchina geplant.

Nachdem Michael G. Wilson dann mehr oder weniger, mit Dalton’s rauerer James Bond-Interpretation im Hinterkopf, im Alleingang „plot outlines“ für eine „drug-related revenge story“ entwickelt hatte, in deren Zentrum aber noch ein „drug lord“ im Goldenen Dreieck (eine -einstmals- bedeutende „Schlafmohn-Anbau-Region“ im Grenzgebiet der Staaten Laos, Thailand und Myanmar) stand, war zumindest entschieden, dass „Bond 16“ in einem „Land mit tropischem Klima“ spielen sollte.

Da der US-Amerikaner Richard Maibaum der „Writers Guild of America“ (WGA) verpflichtet war, die einen Streik durchführte, musste Maibaum die Arbeit an seinem finalen Bond-Skript (Maibaum starb 1991) jedoch bald sein lassen und Wilson arbeitete schließlich solo an „Licence Revoked“, denn so lautete auch der offizielle Arbeitstitel, weiter. Obwohl der spätere tatsächliche Filmtitel, „Licence to Kill“/“Lizenz zum Töten“, mittlerweile so ziemlich zu den weltweit populärsten „phrases“ gehört, die mit der Bond-Mythologie verbunden sind, hat der Titel nicht wirklich etwas mit Ian Fleming’s Romanen oder Kurzgeschichten zu tun, was Lizenz zum Töten auch zum ersten Film machte, der keinen „Ian Fleming-Titel“ zu einem „James Bond-Film-Titel“ umfunktionierte.

Eingang in Wilson’s „Original-Drehbuch“ (Anmerkung: Dieses wurde seinerzeit von John Gardner in einen James Bond-Roman umgewandelt, was die erste „novelisation“ seit der Umwandlung des Moonraker-Drehbuchs von 1979 in eine nagelneue „Bond novel“ darstellte) fanden jedoch Aspekte aus der Fleming-Kurzgeschichte „Die Hildebrand-Rarität“ (OT: „The Hildebrand Rarity“ – enthalten im Sammelband „007 James Bond greift ein“ aka „For Your Eyes Only“ von 1960), denn aus dieser borgte sich Wilson die Figur des „Milton Krest“, sowie aus dem 1954 erschienenen zweiten Bond-Roman „Leben und sterben lassen“ (Anmerkung: Als inspiriert vom „Leben und sterben lassen“-Roman gelten die Felix Leiter wird von einem Hai attackiert-Szene sowie die Ähnlichkeiten zwischen den „erfinderischen Drug Lords“ Mr. Big und Franz Sanchez).

Als zentralen Antrieb von 007, Rache für die Folterung seines Freundes Leiter sowie für die Ermordung von dessen Frau Della zu nehmen, hat Wilson den Umstand genannt, dass die James Bond-Figur durch das Schicksal von „Della & Felix“ an ihre eigene „bruttaly cut-short marriage“ erinnert wird, die man dem Publikum bereits 1969 in dem Meisterwerk Im Geheimdienst Ihrer Majestät (On Her Majesty’s Secret Service; Regie: Peter R. Hunt) präsentiert hatte. In einer Aussage von „Felix Leiter“ David Hedison (Anmerkung: Bis zum Auftauchen von „Felix Leiter“ Jeffrey Wright, der Bond’s CIA-Sidekick 2006 in Casino Royale und 2008 dann in Ein Quantum Trost spielte, war David Hedison der einzige Schauspieler, der die Felix Leiter-Figur zweimal verkörperte, denn er war bereits 1973 in Leben und sterben lassen an der Seite von Roger Moore zu sehen gewesen), die an „Della Leiter“ Priscilla Barnes gerichtet ist, wird sogar auf die einstige Ehe zwischen „James Bond“ und „Tracy di Vicenzo“, 1969 bekanntlich in Gestalt von George Lazenby und Diana Rigg, angespielt: „He was married once, a long time ago“ (deutsche Fassung: „James war vor ein paar Jahren schon einmal verheiratet“).

Abseits von Fleming oder der James Bond-Filmserie selbst hat sich Wilson angeblich sowohl von Akira Kurosawa’s meisterhaftem Samurai-Actionfilm Yojimbo – Der Leibwächter (1961; Yōjimbō) beeinflussen lassen als auch von dem noch legendäreren Remake des Films, nämlich von Sergio Leone’s Italo-Western-Meilenstein Für eine Handvoll Dollar (1964; Per un pugno di dollari) mit Clint Eastwood, denn: In beiden Filmen spielen die Hauptfiguren, nämlich „Sanjuro Kuwabatake“, verkörpert von dem wunderbaren Toshirō Mifune, und „Joe, der Fremde“, gespielt natürlich von Eastwood, geschickt die Bösewichte auch gegeneinander aus, also genau das, was „James Bond“ Timothy Dalton ein wenig mit „Milton Krest“ Anthony Zerbe und „Franz Sanchez“ Robert Davi macht.

Den Rest von Lizenz zum Töten könnte man als „torn straight from the headlines“ der seinerzeitigen „News“ bezeichnen, denn nicht nur die fiktionale „Republic of Isthmus“, die man letztendlich statt der Asien-Location Goldenes Dreieck verwendete, ist mehr oder weniger „a banana republic based on Panama“, sondern auch der pockennarbige Hauptbösewicht Sanchez weist so einige „similarities“ zu dem damaligen Panama-Machthaber Manuel Noriega (regierte das Land von 1983 bis 1989) auf, der vor allem für „drug trafficking“ und „Geldwäsche“ berüchtigt war und der von der DEA, die ja schließlich in Lizenz zum Töten vorkommt, beschuldigt wurde, sein Land als Basis für die unkontrollierte Einfuhr von Drogen in die Vereinigten Staaten zur Verfügung gestellt zu haben. 

Einen weiteren Background für die Lizenz zum Töten-Geschichte lieferte natürlich auch ein damaliger „Geschäftspartner“ von Noriega, nämlich das kolumbianische Medellin-Kartell rund um dessen Anführer Pablo Escobar. Aber auch die Korruption von „government officials“, von Regierungsbeamten, in dem Land, in dem Bond-Film Nummer 16 dann überwiegend gedreht wurde, nämlich Mexiko (Anmerkung: „Licence to Kill“ war der erste Bond-Film, und ausschlaggebend hierfür waren vor allem budgetäre Gründe, der fast gänzlich außerhalb Großbritanniens entstanden ist – zahlreiche Innenaufnahmen wurden in den Estudios Churubusco in Mexiko-City gedreht, denn die Pinewood Studios in London und die berühmte „007 Stage“ wurden nur für die Post-Produktion sowie für das Sound-Re-Recording genutzt), diente als „Inspirationsquelle“ für den „cocaine-smuggling backdrop“ von Lizenz zum Töten, der übrigens in zahlreichen anderen Blockbustern der ausgehenden 80er-Jahre, wie zum Beispiel Beverly Hills Cop II (1987; Regie: Tony Scott), RoboCop (1987; Regie: Paul Verhoeven) oder Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis (1987; Lethal Weapon; Regie: Richard Donner), ebenfalls eine dominante Rolle spielte.

Verglichen wurde der „Rache-Thriller“ Lizenz zum Töten, wegen der für einen Bond-Film bis dato doch eher ungewöhnlichen „graphic violence“, der „expliziten Gewaltdarstellung“, aber dennoch weniger mit den oben genannten Werken, sondern eher mit den Rambo-Filmen von Sylvester Stallone, was dem 89er-Bond eine Zeit lang sogar folgenden Spitznamen einbrachte: „RAMBOND“.

 

 

(ENDE von TEIL 2[von 5]; Fassung vom 11.02.2020)