„Sie sehen aus wie ein Mel Gibson-Fan!“
Genau diese Worte hat mal jemand vor circa sieben oder acht Jahren, also 2011 oder 2010, zu mir gesagt. Und zwar ohne, dass ich Gibson oder irgendeinen Film mit ihm auch nur erwähnt hätte.
Tatsächlich hatte der Mann, ein Arbeiter, der im Begriff war in der Abendschule sein Abitur nachzuholen, damals recht: Ja, ich mochte diesen „gewaltbereiten Neandertaler“, wie ihn entweder Homer oder Bart Simpson in der sehr lustigen Folge Beyond Blunderdome (Episode 227; 1999) der Fernsehserie The Simpsons (1989-Gegenwart) einmal nennt, eigentlich schon seit Mad Max Beyond Thunderdome-Zeiten (1985; Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel; Regie: George Miller & George Ogilvie), obwohl der Film, ehrlich gesagt, trotz der Mitwirkung von Tina Turner, die natürlich auch den großartigen Song We Don’t Need Another Hero (Thunderdome) beigesteuert hat, ziemlich schlecht ist und eben qualitativ weit hinter seinen Mad Max-Vorgängern Mad Max (1979; Regie: George Miller) und The Road Warrior (1981; Mad Max 2 – Der Vollstrecker; Regie: George Miller) zurückliegt.
Heutzutage gehört Gibson, der seine „Filmstar-Karriere“ (jedoch nicht seine Regie-Karriere und eigentlich, genau genommen, auch nicht seine Schauspielkarriere) schon länger beendet hat, nämlich nach M. Night Shyamalans nicht gänzlich gelungenem Science Fiction-Horror-Film Signs (2002; Signs – Zeichen), allgemein eher zu der Kategorie „Filmstars, die wir einst gut fanden, aber jetzt gehasst werden“, woran im Übrigen auch der zweifach Oscar-prämierte Kriegsfilm Hacksaw Ridge (2016; Hacksaw Ridge – Die Entscheidung) nichts geändert hat, den Gibson allerdings nur inszeniert hat. In dieser Kategorie, „Once Loved Actors Everyone Now Hates“, kann er sich mit Leuten wie Will Smith, Matt Damon oder John Travolta die Hand geben, die sich ebenfalls konsequent ins Hollywood-Abseits befördert haben.
Typisch für Gibsons momentanes Standing in Hollywood war auch der Witz von Family Guy-Macher und Ted (2012)- und A Million Ways to Die in the West (2014)- Regisseur Seth MacFarlane bei der Oscar-Verleihung 2013, die MacFarlane „hosten“ durfte. Bezogen auf Quentin Tarantinos damals Oscar-nominierten Western Django Unchained (2012) erlaubte sich MacFarlane einen amüsant-scharfen Seitenhieb auf Gibsons legendäre, meist alkoholbedingte, öffentliche rassistische Tiraden, die damals wieder durch die Medien geisterten:
A lot of controversy about the use of the N-word in the film. I’m told the screenplay is based on Mel Gibson’s voicemail.
Aber lassen Sie uns doch lieber ein wenig zurückblicken in Gibsons bessere Tage, in die 80er und in die 90er, in denen er zweifellos zu den größten Filmstars der Welt zählte und wo seine Filme ein Millionenpublikum erreicht und begeistert haben.
Neben den insgesamt sieben Filmen, in denen Gibson seine zwei ikonischen Rollen verkörpert hat, nämlich die Endzeitfilm- und Rächer-Legende Max „Mad Max“ Rockatansky und den lebensmüden sowie leicht psychotischen Cop Martin Riggs aus Richard Donners Lethal Weapon-Reihe, gibt es da nämlich so einiges, was unbedingt auch erwähnenswert ist.
The Year of Living Dangerously (1982; Ein Jahr in der Hölle), inszeniert von Australiens Regie-Genie Peter Weir, der mit Picnic at Hanging Rock (1975; Picknick am Valentinstag; literarische Vorlage: Joan Lindsay) einen der unheimlichsten Filme aller Zeiten abgeliefert hat, wirkt auf den ersten Blick, wie viele Peter Weir-Filme, so zum Beispiel Witness (1985; Der einzige Zeuge) oder The Mosquito Coast (1986; Mosquito Coast) oder sogar The Truman Show (1998; Die Truman Show), etwas öde, entpuppt sich aber als ein äußerst gut fotografiertes und von Gibson und Filmpartnerin Sigourney Weaver auch äußerst gut gespieltes romantisches Drama vor dem Hintergrund des indonesischen Bürgerkriegs in den 60er-Jahren. Ganz ehrlich: Der Film hat mich als Jugendlicher tatsächlich maßlos gelangweilt, denn „gut gespielte romantische Dramen vor dem Hintergrund des indonesischen Bürgerkriegs in den 60er-Jahren“ sind bekanntlich genau das, was sich ein Jugendlicher wünscht, aber mit den Jahren habe ich, wie bei so einigen Peter Weir-Werken, vor allem auch bei den weiter oben schon genannten Harrison Ford-Filmen Witness und The Mosquito Coast sowie bei dem Ende der 80er maßlos populären Dead Poets Society (1989; Der Club der toten Dichter), Abbitte leisten müssen.
Das Beste an Robert Townes „crime thriller“ Tequila Sunrise (1988) ist immer noch der Titel, denn der Film, der von Towne, einem der prominentesten Drehbuchautoren Hollywoods, der für das Drehbuch zu Roman Polanskis Über-Super-Film Chinatown (1974) den Oscar erhalten hat, auch geschrieben wurde, kommt und kommt einfach nicht in die Gänge, obwohl sich das beeindruckende Schauspiel-Ensemble, bestehend aus Gibson, Michelle Pfeiffer und Kurt Russel, wahrlich Mühe gibt, irgendwie die Trägheit zu überwinden, die den ganzen Film, und daran kann nicht einmal das actionreichere Finale was ändern, hinunterzieht. Aber: Gibson und Pfeiffer sind ein schönes Leinwandpaar, und das macht den Film, unterm Strich, dann doch auch wieder irgendwie sehenswert.
Von der Tatsache, dass Gibson oft außergewöhnlich gut mit seinen Leinwandpartnerinnen harmoniert, davon kann man sich auch in den beiden Komödien Bird on a Wire (1990; Ein Vogel auf dem Drahtseil; Regie: John Badham) und Maverick (1994; Maverick – Den Colt am Gürtel, ein As im Ärmel; Regie: Richard Donner) überzeugen.
In dem temporeichen Bird on a Wire, der im Übrigen von Saturday Night Fever (1977)-Regisseur John Badham inszeniert wurde, spielen, wie es auf dem US-Filmplakat von damals geheißen hat, „Mel & Goldie“ ein ehemaliges Paar, das sich zufällig in Detroit wiederbegegnet. Die ganze Sache wird aber deshalb kompliziert, weil jener Tankstellen-Angestellter, den die erfolgreiche Anwältin Marianne Graves (gespielt eben von Goldie Hawn) da zufällig trifft, ausgerechnet ihr verstorben geglaubter Verlobter Richard „Rick“ Jarmin ist, der sich in einem Zeugenschutzprogramm befindet. Die zahlreichen Verfolgungsjagten, die dadurch entstehen, dass Rick von den Gangstern verfolgt wird, die er einst half hinter Gitter zu bringen, enden für die beiden, für „Rick“ Mel Gibson und „Marianne“ Goldie Hawn, in einem großartig gespielten und großartig inszenierten Finale in einem Zoo, mitten unter Alligatoren, Piranhas, Tigern und Löwen.
Haufenweise gelungene Gags und ein dabei sein ganzes komödiantisches Talent abrufendes Schauspielensemble, angeführt von Gibson und Jodie Foster, das bietet die Westernkomödie Maverick, die auf der gleichnamigen Fernsehserie (1957-1962) mit James Garner basiert, der in dem Film auch die Rolle des Marshal Zane Cooper spielt. Dieser Film, den Lethal Weapon-Regisseur Richard Donner inszeniert, der legendäre Drehbuchautor William Goldman geschrieben und zu dem der große Randy Newman die Filmmusik komponiert hat, hat mir in den 90ern unzählige sehr amüsante Heimkino-Stunden beschert und er ist einer meiner Lieblings-Mel Gibson-Filme, wobei auch Jodie Foster darin ungemein witzig ist, also etwas, was man nicht unbedingt als erstes mit Foster in Verbindung bringt. Der Magic Moment des Films ist aber der Cameo-Auftritt von Danny Glover, bekanntlich Gibsons Partner in den Lethal Weapon-Filmen. Dieser taucht nämlich, als „Bret Maverick“ Mel Gibson eine Bank betritt, als Bankräuber auf und wird von Gibson kurz demaskiert. Die beiden Männer sehen sich daraufhin ungläubig an, als ob sie sich eventuell von irgendwo anders her kennen würden, schütteln aber dann beide den Kopf. Als Glover mit seiner Bande wieder abzieht, sagt er seinen berühmten Satz aus den Lethal Weapon-Filmen: I’m too old for this shit! (Ich bin zu alt für diesen Scheiß!)
Eine wunderbare Szene, die quasi eine „werkübergreifende“ Dimension hat und die jedem Fan das Herz sofort höherschlagen lässt!
Im Zusammenhang mit Maverick auch erwähnen muss man, dass sich Jodie Foster in der Folge als sehr loyale Freundin Gibsons erwiesen hat, obwohl dieser sich in den letzten fünfzehn Jahren, wie weiter oben schon angedeutet, mit antisemitischen, homophoben und eben rassistischen Bemerkungen nicht gerade beliebt in der Hollywood-Community gemacht hat. So besetzte ihn Foster für ihre dritte Regie-Arbeit, dem „comedy-drama“ The Beaver (2011; Der Biber), dem durchaus sehenswerten Porträt eines depressiven Mannes, an dem einem aber das aufgesetzte Happy End stört. Schon damals, als ich 2011 in einem Grazer Kino saß, mit nur vier oder fünf anderen Leuten, hatte ich das Gefühl, dass wir in Österreich womöglich für immer auch die einzigen Besucher dieser weltweit gnadenlos gefloppten „Dramedy“ bleiben werden :-).
Ganz von Gibsons damaliger Star-Power lebt Ron Howards extrem erfolgreicher Entführungsthriller Ransom (1996; Ransom – Einer wird bezahlen), aber auch von nichts sonst, denn der Film, in dem Gibson sich mit „Mister C.S.I. New York“ Gary Sinise ein Katz und Maus-Spiel liefert, ist nur höchstens im letzten Drittel wirklich spannend und allgemein recht weit weg von einer glaubhaften Verhaltensschilderung in Entführungsfällen. Aber wie gesagt: Gibson war damals einer der Kassengaranten im Filmgeschäft, was auch die Hollywood Power List 1997 der Zeitschrift Variety, meine bevorzugte Lektüre des Jahres 1997 :-), zeigte, in der Gibson, nach Tom Hanks und Tom Cruise, an dritter Stelle gereiht war.
Dass Schauspieler, und gerade auch große Filmstars wie Mel Gibson einer war, eben leider oft sehr viel Unsinn reden, davon konnte man sich auch bei dem Streit überzeugen, den Gibson Jahre später mit Ransom-Regisseur Ron Howard in Zusammenhang mit Howards Regie-Arbeit The Da Vinci Code (2006; The Da Vinci Code – Sakrileg) anzettelte. Angesichts des in religiösen Kreisen bekanntlich sehr umstrittenen Inhalts der Dan Brown-Vorlage, meinte der „religiöse Fundi“ Gibson, er werde es Howard und Hauptdarsteller Tom Hanks nie verzeihen, dass sie den Stoff verfilmt haben, worauf Tom Hanks antwortete, dass Menschen, auch wenn es um Religion geht, ihren Kopf immer noch zum Denken hätten. Eine sehr gute Antwort – und mehr gibt es dazu wahrlich nicht zu sagen!
Hin und wieder kommt es vor, dass ein Schauspieler, der sich entschließt Regie zu führen, überraschenderweise fast auf Anhieb den begehrten Regie-Oscar erhält, also etwas, worauf Leute wie Martin Scorsese oder Steven Spielberg relativ lange haben warten müssen. Bei Scorsese war es absurderweise erst bei The Departed (2006; Departed – Unter Feinden) der Fall, seinem Remake des 2002er Hong Kong-Films Infernal Affairs (Regie: Andrew Lau & Alan Mak). The Departed ist ganz sicher nicht Scorseses bester Film und den Regie-Oscar hätte er schon lange vorher, etwa für das grandiose Boxer-Drama und Robert De Niro-Method Acting-Glanzstück Raging Bull (1980; Wie ein wilder Stier) oder selbst für die satirische schwarze Komödie The King of Comedy (1982) verdient, in der der Komiker Jerry Langford, gespielt von Jerry Lewis, von dem Möchtegern-Komiker Rupert Pupkin, gespielt von Robert De Niro, entführt wird. Steven Spielberg hingegen hat bekanntlich bis Schindler’s List (1993; Schindlers Liste) auf den Regie-Oscar warten müssen, obwohl dieser auch schon bei Jaws (1975; Der weiße Hai; literarische Vorlage: Peter Benchley) oder The Color Purple (1985; Die Farbe Lila; literarische Vorlage: Alice Walker) nicht unverdient gewesen wäre.
Insofern waren die schnellen Regie-Oscars für die Filmstars Robert Redford, der ihn gleich für sein Regie-Debüt Ordinary People (1980; Eine ganz normale Familie; literarische Vorlage: Judith Guest) erhalten hat, und Mel Gibson, der ihn für seine zweite Regie-Arbeit Braveheart (1995) in Händen halten durfte, fast so etwas wie ein Hohn für die Gilde der Top-Regisseure (oder von der Außenwirkung her ein wenig so, wie die berühmte Fotografie vom Braveheart-Set, in der Gibson sowie zahlreiche männliche Co-Stars ihren nackten Hintern in die Kamera halten :-)).
Der Historienfilm Braveheart, in dem Gibson den schottischen Nationalhelden William Wallace spielt, ist vor allem eines: Ein Beleg dafür, dass Gibson einer der besten und perfektesten „Rächer“ der Filmgeschichte ist, etwas, was eigentlich schon seit dem ersten Mad Max-Film von 1979 klar war, in dem Gibson gnadenlos den Tod seiner Frau und seines Sohnes rächt. Wenn Gibson sein berühmtes Zorngesicht aufsetzt, und das tut er in Braveheart noch öfter als in anderen Filmen, denn der ganze Film handelt eigentlich von Rache, er ist nichts anderes als eine ungemein aufwendig inszenierte Rache-Story, dann scheinen die stahlblauen Augen noch intensiver zu leuchten und es wird eng für die Gegner. Dennoch muss man sagen, dass der „Drei-Stünder“ Braveheart leider allzu oft nur extra-brutales Macho-Getöse mit homophoben Einsprengsel bietet. Die darin dargestellte Gewalt wirkt auf mich meistens auch nicht „archaisch“, sondern eher mit übertriebener Freude am Voyeurismus inszeniert, was nicht ganz untypisch für Gibson ist.
Und das führt uns natürlich gleich zu Gibsons dritter Regie-Arbeit, Gibsons Regie-Debüt The Man Without a Face (1993; Der Mann ohne Gesicht) lasse ich hier einmal beiseite, nämlich dem umstrittenen Jesus-Film-Blockbuster The Passion of the Christ (2004; Die Passion Christi). Diese Hardcore-Variante der Kreuzigung, der man sicher so einiges vorwerfen kann, vor allem auch den weiter oben schon genannten Gibson-typischen Gewalt-Voyeurismus, habe ich, obwohl ich so ganz und gar nicht religiös bin, persönlich gleich dreimal im Kino gesehen, denn der Film, in dem angeblich auch die eigentümlichen Visionen der Augustinerschwester Anna Katharina Emmerick eingearbeitet sind, ist tatsächlich erschütternd, berührend und beeindruckend zugleich. Fast hätte Gibson, der in dem Film ja eigentlich nichts anderes tut als den Kreuzweg, der genau genommen ohnehin eine einzige Folterorgie ist, szenisch gnadenlos umzusetzen, es geschafft, aus mir noch einen religiösen Menschen zu machen :-). Vor allem die Teufelsfigur, die durch den Film geistert, empfand ich als sehr „creepy“ und überaus gelungen eingesetzt. Die Tatsache jedoch, dass das Werk in hebräischer, lateinischer und aramäischer Sprache gedreht wurde, habe ich immer als eine Art „Spezialeffekt“ empfunden, der jetzt dem Film keine zusätzliche Tiefe verleiht.
Apocalypto aus dem Jahr 2006, Gibsons Regie-Arbeit Nummer vier, zählt für mich persönlich zu den beeindruckendsten Filmen der letzten zwanzig Jahre. Gewalttätig, hypnotisch, faszinierend, so könnte man den Trip bezeichnen, auf den der Regisseur Gibson die Zuschauer in diesem „pathologischen Kunstwerk“, wie Anthony Lane, der Filmkritiker des New Yorkers, den Film, der vollständig in der Sprache der Mayas, in Mayathan, gedreht wurde, schickt. Die Opferungsszenen auf der Maya-Pyramide gehören zu dem Abgründigsten, was jemals auf Filmmaterial gebannt wurde, und sie sind ein Ereignis, das Herz, Hirn und Nerven eine Zeit lang beschäftigt. Das Einzige, was man nicht darf, ist diesen Film sozusagen dokumentarisch sehen, denn er ist historisch, was einige Belange der Maya-Kultur betrifft, wohl nicht ganz korrekt, dafür sollte man ihn eher als zivilisationskritisch betrachten, als Ausdruck davon, was eine Kultur, für die das Menschenopfern nichts Verwerfliches ist und die aber dem Untergang geweiht ist, wie es die Mayas waren, so alles an Grausamkeiten treibt, um sich der Illusion des Überlebens und des Fortbestehens hinzugeben. Genau genommen haben die Römer im Verlauf ihrer Geschichte auch nicht viel anderes getrieben. Wenn man den Film so sieht, ist er einzigartig und nicht nur das Ventil für irgendwelche „dunklen Obsessionen“ des Regisseurs, so wie es einige Kritiker angedeutet haben.
Lassen Sie uns aber wieder zu Gibsons „Filmstar-Karriere“ zurückkehren, und zwar in die Post-Ransom- und Vor-Signs-Zeit.
Conspiracy Theory (1997; Fletcher’s Visionen) vereinte Gibson wiederum mit Regisseur Richard Donner, mit dem der Schauspieler insgesamt sechs Filme gedreht hat. Dem Werk geht, nach einem vielversprechenden Beginn, nach circa einer halben Stunde leider die Luft aus, woran auch „Mel & Julia“, also Gibson und seine Filmpartnerin Julia Roberts, die ihre Rollen, nämlich die des Taxifahrers und Verschwörungstheoretikers Jerry Fletcher und die der Staatsanwältin Alice Sutton, sehr gut spielen, nichts ändern können. Allerdings: Für mich persönlich ist der Film aber dennoch wichtig, und zwar aus einem bestimmten Grund, weil er nämlich 1997 ein „Date-Movie“ für mich und meine spätere Frau war. Insofern verdanke ich Mel Gibson (und eben auch Julia Roberts) so einiges :-).
In dem „neo-noir crime film“ und Rache-Thriller Payback (1999; Payback – Zahltag; Regie: Brian Helgeland) ist Gibson, wie später auch in Roland Emmerichs „epic historical fiction war film“ The Patriot (2000; Der Patriot) wieder in seinem ureigensten Element, nämlich der Ausübung von Rache für erlittenes Unrecht. Brian Helgelands ursprünglich kompromissloses Remake des Lee Marvin-Klassikers Point Blank (1967; Regie: John Boorman) sollte aber nur in der Director’s Cut-Version von 2006 genossen werden, in der das Werk dann auch wirklich jene Kompromisslosigkeit und Härte aufweist, die der Regisseur ursprünglich geplant hatte, die dem Film aber durch zahlreiche Nachdrehs genommen wurde, die einzig und allein den Grund hatten, die von Gibson gespielte Rächer-Figur „Porter“ etwas sympathischer erscheinen zu lassen. Der Schlüssel zu dem beachtlichen Kassenerfolg des Films liegt aber, wie der US-Star-Kritiker Roger Ebert richtig bemerkt hat, einzig und allein in der Tatsache, dass Mel Gibson darin die Hauptrolle spielt, was den dreckigen B-Movie-Touch des Werks vergessen lässt.
Ein filmisches Ärgernis ganz spezieller Natur ist hingegen We Were Soldiers von Randall Wallace aus dem Jahr 2002, der noch dazu mit dem idiotischen deutschen Titel Wir waren Helden versehen wurde. Der Kriegsfilm ist nämlich alles andere als, wie Regisseur Wallace immer wieder behauptet hat, eine auf Zeitzeugenberichten basierende Aufarbeitung der ersten großen Schlacht des Vietnam-Kriegs im Ia-Drang-Tal, sondern ein Machwerk, das sich in einseitiger patriotischer Heldenverehrung verliert. Teilweise ist das ganze Werk so dümmlich und chauvinistisch, dass es sogar mit John Waynes Regie-Arbeit The Green Berets (Die grünen Teufel; Co-Regie: Ray Kellogg) von 1968 konkurrieren kann, dem wahrlich einzigen Film der US-Filmhistorie, der sich derart unverhohlen für den Vietnamkrieg ausgesprochen hat. Und wenn „Lt. Colonel Harold Hal G. Moore“ Mel Gibson in We Were Soldiers seine ihm unterstellten Soldaten liebevoll und väterlich ansieht, glaubt man tatsächlich, dass John Wayne wieder auferstanden ist und sich, wie in dem Propagandafilm The Green Berets, von seiner schlimmsten, selbstgerechtesten und reaktionärsten Seite zeigt. Wenn von der Kritik im Zusammenhang mit The Passion of the Christ und Apocalypto schon von irgendwelchen „dunklen Obsessionen“ Gibsons gesprochen wurde, die ihn dabei getrieben haben, dann möchte ich wissen, welcher reaktionäre Teufel ihn da geritten hat, in so einem Anti-Antikriegsfilm mitzuspielen.
(ENDE von TEIL 1 des Artikels; Fassung vom 24.05.2018)